
Ist Formaldehyd giftig? Wo ist dieses enthalten? Welche Gesundheitsrisiken drohen durch die Chemikalie?
Formaldehyd stellt abhängig von Konzentration und Belastungsdauer mitunter ein hohes Gesundheitsrisiko dar. Welche Materialien, Kleidungsstücke und Nahrungsmittel sind mögliche Formaldehydquellen? Gibt es erhöhte Belastungen an bestimmten Arbeitsplätzen? Welche körperlichen Symptome und Gesundheitsschäden kann die Chemikalie konkret hervorrufen? Die Antworten und viele weitere Infos und Tipps zur Giftigkeit von Formaldehyd finden Sie in unserem nachfolgenden Ratgeber. (Stand Januar 2025).
Inhalt

Was ist Formaldehyd?
Formaldehyd (systemischer Name: Methanal, Summenformel: CH2O) ist ein bei Zimmertemperatur farbloses Gas mit einem Siedepunkt von – 19 °C (Übergang in gasförmigen Zustand). Der Geruch der Chemikalie ist säuerlich-stechend und kann von Menschen teilweise schon ab niedrigen Konzentrationen von 0,06 – 0,22 mg/m³ in der Luft wahrgenommen werden. Eine wässrige Formaldehydlösung wird als Formalin bezeichnet. Während die Freisetzung von Formaldehyd aus natürlichen Quellen wie Holz in der Regel gering ist, können aus industriell hergestelltem Formaldehyd bzw. formaldehydhaltigen Produkten ernsthafte Gesundheitsgefahren resultieren. Formaldehyd ist unter anderem wegen seiner Reaktionsfreudigkeit eine weit verbreitete Industriechemikalie. So werden allein in der EU pro Jahr etwa 3,6 Mio. Tonnen Formaldehyd hergestellt.1, 2, 3, 4

Formaldehyd Verwendung – aus welchen Quellen kann die Chemikalie freigesetzt werden?
Stark erhöhte Formaldehydbelastungen mit akutem Risikopotenzial treten in der Regel eher an bestimmten Arbeitsplätzen bei Missachtung der Schutzbestimmungen oder durch Arbeitsunfälle auf. Dagegen können Belastungen mit überwiegend chronischem Risikopotenzial zum Beispiel auch in der Raumluft von Haus oder Wohnung vorkommen. Da erhöhte Formaldehydkonzentrationen in der Raumluft relativ häufig sind und so für viele Menschen ein Risiko darstellen, haben wir für Sie zu diesem Thema einen gesonderten Ratgeber „Formaldehyd in der Raumluft“ erstellt. Dieser enthält auch Tipps und Ratschläge, wie Sie hohe Formaldehydbelastungen in der Raumluft vermeiden können.
Die möglichen Quellen für Formaldehydbelastungen sind insgesamt überaus vielfältig. Daher erhebt die folgende Auflistung keinen Anspruch auf Vollständigkeit:4, 5, 6, 7
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Quellen mit potenziell hohem, teilweise akutem Risikopotenzial: Arbeitsunfälle in der chemischen Industrie, ohne ausreichende Schutzmaßnahmen durchgeführte Desinfektionsarbeiten wie der Begasung von Räumen und andere Desinfektionsarbeiten mit formaldehydhaltigen Mitteln, Konservierung von biologischen Proben im medizinischen Bereich (z. B. Pathologie)
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Quellen mit überwiegend chronischem Risikopotenzial: Tabakrauch, Räucherstäbchen, Kerzen, verleimte Holzwerkstoffe wie Span- und Sperrholzplatten, Faserplatten (MDF), Möbel, Holzwerkstoffe (natürliche Freisetzung), Klebstoffe, Abbauprozesse in Baumaterialien, Duftstoffe in Reinigungsmitteln, Raumbedufter und Kosmetika (Bildung von Formaldehyd durch chemische Reaktionen), Desinfektionsmittel, Wasch- und Reinigungsmittel, säurehaltige Parkettversiegelungen, Isolationsschäume auf Basis von Harnstoff-Formaldehydharz in Altbauten (werden heute nicht mehr verwendet), Konservierungsmittel in Farben, Klebstoffen und Werkstoffen zum Verputzen, Wohntextilien wie knitterfreie Vorhänge, Bodenbeläge und Polstermöbel (wenn diese mit Formaldehydharzen behandelt sind), knitter- bzw. bügelfreie Kleidung
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Nahrungsmittel: Einige Lebensmittel wie Bananen, Äpfel, Karotten und Fleisch enthalten geringe Mengen Formaldehyd. Die höchsten natürlichen Formaldehydgehalte von Lebensmitteln weisen Shiitakepilze (50 bis ca. 450 mg/kg) und Seewasserfisch (200 bis 300 mg/kg) auf. Die in Lebensmitteln enthaltenen Mengen von Formaldehyd sind in der Regel jedoch zu gering, um ein Gesundheitsrisiko darzustellen.
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körpereigene Produktion: Im menschlichen Körper entstehen durch verschiedene Stoffwechselvorgänge wie der Peroxidation von ungesättigten Fettsäuren ebenfalls ständig geringe Mengen Formaldehyd. Diese werden jedoch sehr schnell wieder durch das Enzym Formaldehyd-Dehydrogenase (FDH) zu Ameisensäure abgebaut. Ameisensäure wird teilweise zu Kohlendioxid und Wasser verstoffwechselt sowie über den Urin ausgeschieden.10

Mögliche Aufnahmewege von Formaldehyd
Formaldehyd wird hauptsächlich über die oberen Atemwege (Inhalation) aufgenommen. Andere Aufnahmewege sind Hautkontakt (z. B. wässrige Formalin-Lösung) sowie der Verdauungstrakt (orale Aufnahme).8

Formaldehyd – welche Grenzwerte gelten?
Die Grenzwerte für Formaldehyd richten sich unter anderem nach Aufnahmeweg und Produktklasse:
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Raumluft (Inhalation): Der Grenzwert für Formaldehyd in der Innenraumluft liegt nach der Chemikalien-Verbotsverordnung bei 0,1 ppm (124 µg/m³). Der Ausschuss für Innenraumrichtwerte (AIR) gibt außerdem einen Innenraumrichtwert von 100 µg/m³ vor, welcher auch kurzfristig während eines Messzeitraums von einer halben Stunde nicht überschritten werden soll.7 An Arbeitsplätzen gilt für Formaldehyd ein Grenzwert von 0,37 mg pro m³ Luft. Kurzfristig darf eine Konzentration von 0,74 mg/m3 nicht überschritten werden.6
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Waschmittel (Hautkontakt): Wasch- und Reinigungsmittel müssen nach der Bedarfsgegenständeverordnung bei Gehalten von mehr als 0,1 % freiem Formaldehyd mit „enthält Formaldehyd“ gekennzeichnet sein. Ab 0,2 % Formaldehyd dürfen entsprechende Produkte nicht in den Verkehr gebracht werden.11
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Textilien (Hautkontakt): Ab einer Konzentration von 0,15 % freiem Formaldehyd müssen Textilien mit dem Hinweis „Enthält Formaldehyd. Es wird empfohlen, das Kleidungsstück zur besseren Hautverträglichkeit vor dem ersten Tragen zu waschen“ gekennzeichnet sein. Ab 1. November 2023 darf ein Grenzwert von 75 mg Formaldehyd pro kg nicht überschritten werden.11
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Spielzeug: In Spielzeug darf kein Formaldehyd enthalten sein.11

Formaldehyd – wie giftig ist die Chemikalie? Welche Gesundheitsrisiken drohen?
Die Wirkung von Formaldehyd auf den menschlichen Körper hängt unter anderem von der aufgenommenen Formaldehydmenge sowie der Dauer der Belastung ab. Grob kann hier zwischen akuten Vergiftungssymptomen und Symptomen durch Formaldehyd bei eher chronischen Belastungen unterschieden werden. Teilweise kommt es bei der nachfolgend gelisteten Auswahl von Symptomen und Erkrankungen auch zu Überschneidungen zwischen akuten und chronischen Effekten:1, 4, 9
Akute Symptome bei hohen einmaligen Belastungen
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Augenreizungen (treten vermehrt in der Regel erst ab Luftkonzentrationen über 1,25 mg/m³ auf.)
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schwere Augenschäden (bestehende Schäden z. B. bei Spritzern von 40-prozentiger Formaldehydlösung)
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Hautreizungen, Hautverätzungen, starke Hautentzündungen (bei Hautkontakt ab 4-prozentiger Formaldehydlösung), Blasenbildung (bei Hautkontakt ab 2-prozentiger Formaldehydlösung)
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allergische Hautreaktionen
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Augenbrennen
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starker Tränenfluss
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starker Husten, starke Atembeschwerden (beobachtet ab Raumluftkonzentrationen ab 62,3 mg/m3)
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blutiges Erbrechen, Magenschmerzen und Schleimhautschäden von Magen und Darm (orale Aufnahme hoher Formaldehydmengen)
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Störungen des Nervensystems wie Schwindel und Bewusstlosigkeit
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gesteigerte Herz- und Atemfrequenz
Symptome bei chronisch erhöhter Belastung
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Schleimhautreizungen der oberen Atemwege, Schleimhautschäden bei höheren Konzentrationen
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Stechen in Nase und Hals
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wässriger Schnupfen
Augenreizungen, Augenbrennen
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beeinträchtigte Lungenfunktion und chronische Atemwegserkrankungen bei über längere Zeiträume erhöhten Formaldehydbelastungen
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erhöhtes Risiko für Tumore im Nasen-Rachenraum (bei anhaltender Schleimhautschädigung)
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unspezifische Beschwerden wie Müdigkeit, Kopfschmerzen und Unwohlsein (bei länger anhaltenden Belastungen/Reizungen)
Wichtig: Suchen Sie besonders bei akuten Beschwerden nach dem Umgang mit Formaldehyd oder Formalinlösungen umgehend einen Arzt auf!

Ist Formaldehyd krebserregend?
Wie bereits im vorherigen Abschnitt erwähnt, erhöht eingeatmetes Formaldehyd das Risiko für Tumore im Nasen-Rachenraum. Nach einer Einstufung der EU gilt Formaldehyd als „krebserzeugend“ (Kategorie 1B) und möglicherweise „keimzellmutagen“ (Kategorie 2: verdächtig).6

Schon gewusst?
Sogenanntes „Bambusgeschirr“ wird häufig als nachhaltige Alternative zu Einweggeschirr aus Kunststoff angesehen. Allerdings besteht Bambusgeschirr neben natürlichen Bambusfasern häufig auch aus zugesetzten Melamin-Formaldehyd-Harzen (MFRs). Diese Kunststoffe sorgen als Bindemittel für die nötige Stabilität des Geschirrs. Der Kunststoffanteil von Bambusgeschirr liegt in der Regel zwischen 20 und 80 Prozent. Wird Bambusgeschirr mit enthaltenen MFR-Harzen auf über 70 °C erwärmt (z. B. durch heiße Getränke oder Speisen), setzt dieses mitunter bedenkliche Mengen an Formaldehyd und Melamin frei. Melamin kann Nieren und Blase schädigen.10

Mit Raumlufttests Formaldehyd-Belastungen aufspüren
Unser breites Angebot an Luftanalysen umfasst unter anderem eine Formaldehyd Analyse. Diese deckt erhöhte Formaldehydkonzentrationen in der Raumluft auf. Da in Altbauten oft verstärkt Formaldehyd ausdünsten kann, enthält auch unsere Luftanalyse Altbau Komplett den Parameter Formaldehyd. Außerdem ermittelt die Analyse die Konzentration weiterer „Altbauschadstoffe“ wie zum Beispiel Holzschutzmittel, PCB, PAKs und Weichmacher.
Die Probenahme für unsere Tests können Sie mit der leicht verständlichen Anleitung einfach selbst vornehmen. Nach Einsendung per Post erfolgt die Analyse in unserem spezialisierten Partnerlabor.

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Haftungsausschluss
Alle medizinischen Informationen in diesem Artikel wurden sorgfältig von uns aus den genannten Quellen zusammengetragen. Für die Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit der Informationen können wir nicht garantieren. Wenden Sie sich bei Beschwerden stets an einen Facharzt.
Das könnte Sie ebenfalls interessieren:
1Vgl.: Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen: Formaldehyd NIS-Nr.: 12. 2021.
2Vgl.: Europäische Gesellschaft für gesundes Bauen und Innenraumhygiene: Emissionen aus Holz und Holzwerkstoffen. 2024.
3Vgl.: Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen: Holzwerkstoffe als Quelle für Formaldehyd im Innenraum. 2015
4Vgl.: Bundesamt für Gesundheit (BAG, Schweiz): Formaldehyd in der Innenraumluft. 2010.
5Vgl.: Umweltbundesamt: Formaldehyd. 2015.
6Vgl.: Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW): Formaldehyd: Neue Einstufung als krebserzeugend. 2015.
7Vgl.: Umweltbundesamt: Formaldehydemissionen: Prüfbedingungen für Holzwerkstoffe. 2020.
8Vgl.: Gestis-Stoffdatenbank, Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung: Formaldehyd. 2025.
9Vgl.: Bundesamt für Gesundheit (BAG, Schweiz): Formaldehyd. 2018.
10Vgl.: AOK: Bambusgeschirr: nachhaltig oder gesundheitsschädlich? 2022.
11Vgl.: Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit: Formaldehyd. 2019.