Ihr Ratgeber zu Begehungen der Zahnarztpraxis
In Deutschland gibt es verschiedene Richtlinien, Gesetze und Leitlinien, die in einer Praxis beachtet werden müssen. Dazu gehören die Richtlinien des Robert Koch-Instituts, die europäische Verordnung über Medizinprodukte (Medical Device Regulation, MDR), die Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV), das Infektionsschutzgesetz (IfSG), die Technischen Regeln für biologische Arbeitsstoffe (TRBA) und weitere. Sie gelten bundesweit und sind bindend. Hinzu kommt eine Hygieneverordnung (MedHygVo), die jedes Bundesland eigens festlegt.
Alle Maßgaben dienen dem Schutz von Patienten und Patientinnen sowie des zahnärztlichen Personals vor Infektionen. Ein wichtiger Bestandteil der Vorschriften befasst sich mit dem Umgang und der Aufbereitung von Medizinprodukten.
Weitere Informationen:
Welche Behörden führen Begehungen in Zahnarztpraxen durch?
Aufgrund unterschiedlicher Gesetzesgrundlagen kann eine Zahnarztpraxis von verschiedensten Stellen überprüft werden. Es ist möglich, dass sich mehrere Behörden innerhalb weniger Wochen in der Praxis ankündigen, deren Fokus auf unterschiedlichen Bereichen liegt. Dazu gehören:
- Gesundheitsamt
- Gewerbeaufsichtsamt
- Zuständige Behörde für Arbeitsschutz
- Berufsgenossenschaft für Gesundheits- und Wohlfahrtspflege (BGW)1
Überwachung von Medizinprodukten und Infektionshygiene in Zahnarztpraxen
Ein Schwerpunkt ist die medizinprodukterechtliche Überwachung von Zahnarztpraxen, die die Einhaltung der Anforderungen der europäische Verordnung über Medizinprodukte (Medical Device Regulation, MDR)2 sowie der Medizinproduktebetreiberverordnung (MPBetreibV )3 überprüfen. Die Begehung umfasst Kontrollen zum Medizinproduktemanagement sowie zur Aufbereitung von Medizinprodukten, die bestimmungsgemäß steril oder keimarm zur Anwendung kommen müssen.
Die Infektionshygienische Überwachungen wird von Gesundheitsämtern auf Grundlage des Infektionsschutzgesetz4 § 36 Abs. 2 durchgeführt. Diese verfolgt ein breiter angelegtes Schutzziel als die reine Überwachung der Medizinprodukte. Zur infektionshygienischen Überwachung gehören neben Aspekten der Keimminderung wie die Hände- und Flächendesinfektion auch Maßnahmen zum Vorgehen bei Auftreten von Infektionserkrankungen, dem Umgang mit immunsupprimierten Patienten, Impfschutz sowie bauliche Anforderungen. Diese Überwachungsinhalte spiegeln die Vorgaben der KRINKO-Empfehlung „Infektionsprävention in der Zahnheilkunde–Anforderungen an die Hygiene“5 wider.
Des Weiteren können Teile des Arbeitsschutzes und der Arbeitssicherheit geprüft werden, bei diesen Begehungen kommt es zu Überschneidungen mit oben genannten Themengebieten. Dazu gehören beispielsweise Unterweisungen des Personals, Notfall und Erste – Hilfe Maßnahmen sowie Fluchtwegbeschilderung in der Praxis.
Eine Sonderrolle nehmen die MKG-Praxen ein, die als Einrichtungen des ambulanten Operierens gelten.
In vielen Fällen beraten Zahnärztekammern zu den Anforderungen, die bei der jeweiligen Begehung gestellt werden.
Anlassunabhängige und anlassbezogene Begehungen
Meist werden Begehungen anlassunabhängig von Behörden durchgeführt, wobei normalerweise vorab ein Termin mit der Praxis abgestimmt wird. Ebenso können diese aber auch anlassbezogen sein, was wesentlich seltener vorkommt, und ohne vorherige Terminabstimmung stattfinden. In diesen Fällen hat das zuständige Gesundheitsamt einen Hinweis bekommen, dem nachgegangen werden muss. Unangemeldete Besuche finden im Zusammenhang mit der Beschwerde eines Patienten oder einer Patientin
Eine Anzeige kann anonym erfolgen und wird vom Gesundheitsamt zeitnah überprüft, da gravierende Hygienemängel vermutet werden.
Ankündigung der Begehung
Im Schreiben zur Terminankündigung werden meist schon erste Unterlagen von der Praxis durch die Aufsichtsbehörden angefordert. Es beinhaltete einen Fragebogen zu Geräten und Aufbereitungsprozesse sowie eine Liste mit weiteren Dokumenten, die im Vorfeld bereitgestellt werden müssen. Dazu gehören beispielsweise:
- Hygieneplan
- Risikoeinstufung der Medizinprodukte
- Arbeitsanweisungen
- Auflistung der freigabeberechtigten Mitarbeiter in der Praxis
- Bestandverzeichnis der aktiven Medizinprodukte
- Wartungs- und Validierungsberichte
Praxisbegehung der Zahnarztpraxis
Eine Praxisbegehung sollte auf Grundlage des bestehenden Qualitätsmanagement-Systems gründlich vorbereitet werden. Dabei sollte die Dokumentation auf den aktuellen Stand gebraucht und Arbeitsanweisungen anpassen werden.
Nach der schriftlichen Selbstauskunft werden am Tag der Begehung die Angaben überprüft. Bei einer Begehung sollte in jedem Fall die Praxisinhaberin oder der Praxisinhaber selbst sowie die Beauftragten für Hygiene und Qualitätsmanagement mit entsprechender Fach- und Sachkunde und eine Stellvertreterin oder Stellvertreter zur Verfügung stehen. Der Praxisbetrieb sollte an diesem Tag pausieren. Wie lange eine Praxisbegehung am eigentlichen Tag dauert, ist pauschal nicht zu sagen. Begehungen sind in der Regel gebührenpflichtig.
Die Verwaltungsgebühren variieren von Bundesland zu Bundesland.
Es ergibt Sinn, sich eigene Notizen während der Begehung zu machen und Aussagen zu protokollieren, um Unklarheiten vorzubeugen und den Ablauf der Begehung nachvollziehen zu können.
Folgende Unterlagen sollten am Tag der Praxisbegehung zur Verfügung stehen:
- Verantwortlichkeiten und Aufgabenverteilung in der Praxis
- Qualifikations- und Schulungsnachweise für die Aufbereitung
- Nachweise der Mitarbeiterunterweisungen
- Gebrauchsanweisungen und Herstellerangaben zu den Medizinprodukten
- Hygieneplan
- Arbeitsanweisungen
- Auflistung von Reinigungs- und Desinfektionsmittel
- Validierungsunterlagen
- Verträge mit Unternehmen zu Wartung und Validierung
- Medizinproduktebücher nach § 7 MPBetreibV
- Bestandsverzeichnis Medizinprodukte
- Freigabeprotokolle, Dokumentationen über erfolgte Aufbereitung
- Nachweise über Wasserproben
Nach einer Vorbesprechung werden alle Räumlichkeiten der Praxis kontrolliert und die Dokumentationen überprüft. Schubladen und Lagerorte werden eingesehen, ggf. Fotos erstellt.
Bestandteil der Begehung ist es auch, Arbeitsabläufe kritisch zu hinterfragen. Aufbereitungsprozesse für Medizinprodukte müssen vom Team der Zahnarztpraxis möglichst detailliert beschrieben und ebenfalls demonstriert werden können. Dies dient der Feststellung der Sachkenntnisse. Ebenso werden Dokumentationsvorgaben und Aspekte der Arbeitssicherheit überprüft.
Die Begehung endet mit einem Abschlussgespräch über erste Ergebnisse, vielleicht werden auch schon Verbesserungsvorschläge erläutert. Das weitere Vorgehen und die Ankündigung des Abschlussberichts stehen am Ende des Termins vor Ort in der Praxis.
Protokoll und Mängelbeseitigung
Dem Mängelbericht sind entsprechende Hinweise mit Zeitangaben zur Erledigung zu entnehmen. Die Behebung der Mängel wird von der Praxis mit entsprechenden Nachweisdokumenten belegt und der Aufsichtsbehörde bestätigt.
Bei sehr gravierenden Mängeln kann es vorkommen, dass die Behörden eine weitere anlassbezogene, nicht angekündigte Begehung durchführt. Bei Nichtbeachtung von gesetzlichen Vorgaben drohen Ordnungsgelder und im schlimmsten Fall die Schließung der Praxis.
Es ist möglich, dass Behörden bei erhöhter Keimbelastung einer Dentaleinheit den weiteren Betrieb und die Nutzung untersagen. Nach erfolgten Maßnahmen zur Keimreduktion, Beprobung und Freigabe durch die Behörde, kann die Behandlungseinheit wieder genutzt werden.
Wasserhygiene bei der Praxisbegehung
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Verweise
1Vgl.: Verband der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e.V., Praxisbegehungen, 2024, abgerufen am 14.03.2024.
2Vgl.: Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates 2017/745/EU vom 05.05.2017, abgerufen am 10.03.2024.
3Vgl.: Bundesrepublik Deutschland, Verordnung über das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten (Medizinprodukte-Betreiberverordnung, MPBetreibV), 1998, abgerufen am 10.03.2024.
4Vgl.: Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz: Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG), 2000, abgerufen am 08.03.2024.
5Vgl.: Robert Koch-Institut (RKI), KRINKO: Infektionsprävention in der Zahnheilkunde – Anforderungen an die Hygiene. Mitteilung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut. 2006. In: RKI (Hg.) et al.: Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz. Bd. 49, abgerufen am 10.03.2024.