10 Jahre nach Legionellen-Ausbruch in Warstein - Damaliger Bürgermeister Gödde im Interview
Im August 2013 kam es in Warstein im Kreis Soest zum bis dahin größten Legionellen-Ausbruch in Deutschland. Zwei Tote und 159 Erkrankte1, ein Krankenhaus an der Belastungsgrenze, tägliche Krisensitzungen, intensive Ursachenforschung und eine Reisewarnung waren die Folge.
Der damalige Bürgermeister, Manfred Gödde, erinnert sich in einem Interview mit dem Soester Anzeiger.
Krankenhaus „Maria Hilf“ verhinderte viele weitere Todesfälle
„Auffällig wurde es“, erinnert sich Gödde, „als plötzlich viele Fälle von Lungenentzündungen im Krankenhaus auftauchten.“ Von einem Legionellen-Ausbruch sprach zu der Zeit noch niemand. „Ich hatte davon auch noch nie gehört“, sagt der ehemalige Bürgermeister.
Im Nachhinein müsse man dem Warsteiner Krankenhaus ein großes Lob aussprechen. „Was dort geleistet wurde, ist nicht selbstverständlich. Die haben direkt mit dem richtigen Antibiotikum reagiert und so vermutlich viele weitere Todesfälle verhindert.“
„Das nimmt einen immer noch mit, einige leiden bis heute an den Folgen. Aber ich will nicht wissen, was passiert wäre, wenn wir das Krankenhaus hier nicht gehabt hätten“, rekapituliert Manfred Gödde.
Krisensitzungen und Reisewarnung
Die Rückkühlanlage der Esser-Werke wurde schließlich als Hauptverteiler der Legionellen identifiziert. Bis dahin habe Gödde allerdings täglich mit dem Krisenstab des Kreises, den Gesundheitsexperten, Bezirksregierung und Co. zusammengearbeitet: „Wir waren bald Tag und Nacht unterwegs, um den Auslöser zu finden.“ Alle Unternehmen mit solchen Anlagen seien überprüft worden – „selbst die Sprühanlage der Kehrmaschine wurde kontrolliert.“
Die vom Kreis ausgesprochene Reisewarnung für Warstein sei indes ein herber Schlag für Warstein gewesen: „Es stand sogar erst zur Debatte, dass Warstein ganz abgedichtet werden sollte, dass niemand mehr heraus- und niemand mehr hineinkommt. Das hatte man ins Auge gefasst, als die Ursache noch nicht bekannt war.“
Die Reisewarnung habe für einen immensen Image-Schaden gesorgt: „[D]ieses Reiseverbot, dass niemand nach Warstein kommen sollte, das empfanden viele schon als Frechheit.“ Es sei eine Beeinträchtigung für Warstein gewesen und sei es immer noch, „auch wenn schon wieder viel Gras darüber gewachsen ist.“
Obwohl der Legionellen-Ausbruch medial hohe Wellen geschlagen hätte, sei es aber fair zugegangen, betont Gödde.
Ein Legionellenausbruch aus Kläranlagen war der Fachwelt neu
Für Kläranlagen und Industrieabwasser gab es keine festgelegten Grenzwerte für Legionella-Bakterien, da es sich nicht um Trinkwasser handelt. Die Bedeutung von Legionellen im Abwasser fand vor dem Ausbruch in Warstein kaum Beachtung.
Martin Exner, der 2013 Direktor des Zentrums für Infektiologie und Infektionsschutz der Universität Bonn war, schreibt im Bericht Ausbruchmanagement des Legionellenausbruches in Warstein 2013, es ergäben sich “neue Erkenntnisse und noch zu klärende Fragen, insbesondere im Hinblick auf die zulässigen Konzentrationen, ab wann ein Gewässer zu Rückkühlzwecken im Hinblick auf seine Legionellenbelastung verwendet werden kann.”
Inzwischen gibt es mit der Verordnung über Verdunstungskühlanlagen, Kühltürme und Nassabscheider eine bundesweite Regelung zum hygienischen Betrieb solcher Anlagen.
1vgl.: Exner, Martin: Ausbruchmanagement des Legionellenausbruches in Warstein 2013 - Charakterisierung, Lehren und Konsequenzen aus hygienisch-medizinischer Sicht.
Weitere Links
Zum Interview: Vor zehn Jahren Legionellen-Ausbruch in Warstein: Manfred Gödde erinnert sich
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(Mit Material von Soester Anzeiger)