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Insektizide - die gefährlichsten Pestizide
Pestizide sind giftig, denn es ist ihr Zweck, unerwünschte Schädlinge zu töten. Im Gegensatz zu Herbiziden und Fungiziden, sind Insektizide auf Insekten und und andere Kleinstlebewesen ausgerichtet, die dem Menschen strukturell ähnlicher sind als Unkraut und Pilze - das macht sie zum gefährlichsten Pestizid für die menschliche Gesundheit.
Organophosphate und chlororganische Verbindungen, die den Großteil der für Insektizide verwendeten Chemikalien ausmachen, sind Nervengifte. Die meisten chlororganischen Pflanzenschutzmittel wurden in Deutschland jedoch Ende des zwanzigsten Jahrhunderts verboten – seit dem Stockholmer Übereinkommen 2004 sogar weltweit.
Insektizide sind nicht nur für Insekten giftig
Die schwersten Pestizidvergiftungen sind in der Regel auf eine akute Exposition gegenüber Organophosphaten (auch Phosphorsäureester genannt) und Carbamaten zurückzuführen. Phosphorsäureester und Carbamate hemmen das Enzym Cholinesterase, was zu einer Störung des Nervensystems führt. Alle Lebensformen mit Cholinesterasen im Stoffwechsel können durch diese Chemikalien vergiftet werden, was sämtliche vielzellige Tiere, etwa Insekten, Vögel, Fische und auch Säugetiere betrifft (vgl.: Acetylcholinesterase Inhibitors: Pharmacology and Toxicology).
Dabei hängt die Schwere einer Vergiftung von einer Vielzahl von Faktoren ab, wie z. B. der Dosis und dem Expositionsweg, wobei Verschlucken und Einatmen zu den schwersten gesundheitlichen Auswirkungen führen.
Akute Vergiftungen treten besonders bei der Anwendung von Insektiziden durch Versprühen auf. Dem größten Risiko sind also die anwendende Person und Menschen in direkter Umgebung ausgesetzt, bspw. wenn der Sprühnebel durch Wind verweht wird.
Die giftigsten Bestandteile von Insektiziden und ihre Auswirkungen
❌ Organophosphate (Phosphorsäureester) sind wahrscheinlich krebserregend
Verwendung: Organophosphate sind in Insektiziden und Herbiziden aller Marktsegmenten zu finden: Landwirtschaft, Industrie, Handel und auch Haus und Garten (vgl.: Organophosphate insecticide use and cancer incidence among spouses of pesticide applicators in the Agricultural Health Study). Sie werden auf verschiedene Nutzpflanzen gegen Insekten und Milben gespritzt.
Akute Wirkung: Zu den Symptomen einer akuten Vergiftung gehören eine Verengung der Pupillen, verschwommenes Sehen, Kopfschmerzen und starke Reizung und Rötung der Augen. Magensymptome wie Magenkrämpfe, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall treten früh auf, wenn der Stoff verschluckt wurde. Speichelfluss, Kopfschmerzen, Schwindel und Atembeschwerden sind ebenfalls erste Symptome, wenn der Stoff eingeatmet wurde. Bei Kindern kann das erste Symptom einer Vergiftung ein Krampfanfall sein.
Krebserregende Wirkung: Die International Agency for Research on Cancer stuft Malathion und Diazinon als wahrscheinlich krebserregend für den Menschen und Dichlorvos, Parathion und Tetrachlorvinphos als möglicherweise krebserregend für den Menschen ein. (vgl.: IARC Monographs Volume 12). In epidemiologischen Studien in den USA, Kanada und Italien wurde ein erhöhtes Krebsrisiko mit verschiedenen Organophosphat-Insektiziden in Verbindung gebracht.
Weitere Langzeitwirkungen: Studien deuten ebenfalls darauf hin, dass Organophosphate nicht nur mit Krebs, sondern auch mit einer Vielzahl anderer negativer gesundheitlicher Auswirkungen in Verbindung gebracht werden können, darunter ADHS, Muskelschwäche und Taubheit (vgl.: Association of health symptoms with low-level exposure to organophosphates, DNA damage, AChE activity, and occupational knowledge and practice among rice, corn, and double-crop farmers).
❌ Carbamate wirken neurotoxisch
Verwendung: Carbamate finden als Insektizide, Herbizide und Fungizide auf fast allen Nutzpflanzen Verwendung.
Akute Wirkung: Die Symptome einer akuten Vergiftung mit Carbamaten sind dieselben wie bei einer Vergiftung mit Organophosphaten.
Langzeitwirkung: Carbamate wirken ähnlich wie Phosphorsäureester auf das menschliche Nervensystem und entfalten ähnliche gesundheitsschädliche Wirkungen. Zusätzlich hemmen Carbamat-Insektizide nicht nur die menschliche Acetylcholinesterase, sondern greifen auch die Melatoninrezeptoren des Menschen an, was Auswirkungen auf Schlaf und den Tag-Nacht-Rhythmus hat (vgl: Carbamate Insecticides Target Human Melatonin Receptors).
❌ Pyrethroide stören die frühkindliche Entwicklung
Verwendung: Pyrethroide werden vor allem gegen Schmetterlingsraupen in Baumwollplantagen eingesetzt, werden aber auch im Getreideanbau genutzt.
Akute Wirkung: Im Vergleich zu Organophosphaten und Carbamaten sind Pyrethroide für Menschen verhältnismäßig ungefährlich, können aber in großer Dosis zu akuten Vergiftungserscheinungen führen. Typische Symptome sind Zittern und Zucken, Juckreiz oder Brennen der Haut, Müdigkeit, Kopfschmerzen und Schwindel sowie Übelkeit oder Erbrechen.
Langzeitwirkung: Es besteht ein Zusammenhang zwischen Pyrethroiden und einer schlechteren frühen sozial-emotionalen und sprachlichen Entwicklung (vgl: Prenatal Exposure to DDT and Pyrethroids for Malaria Control and Child Neurodevelopment).
❌ Acetamiprid beeinflussen den Blutdruck und Muskeltonus
Verwendung: Acetamiprid wird sowohl in der Landwirtschaft als auch im Heimgebrauch gegen verschiedene Läuse und Trauermücken eingesetzt. Besonders im Gemüsebau und an Kernobstbäumen findet Acetamiprid Einsatz und im Hausgebrauch zur Bekämpfung von Flöhen bei Katzen und Hunden.
Akute Wirkung: Bei Einatmen hoher Dosen oder Verschlucken können Symptome wie Muskelschwäche, Hypothermie und Krämpfe auftreten (vgl.: Two cases of acute poisoning with acetamiprid in humans).
Insektizide: Nicht nur im Garten und auf dem Acker
❗ Verbreitung von Pestiziden über Luft und Grundwasser
Insektizide sind nicht nur ein Problem für Landwirtinnen und Landwirte oder Gärtnerinnen und Gärtner. Werden sie versprüht, kann der Nebel je nach Wetterlage weit reisen und große Flächen kontaminieren, wie es die Untersuchung Pestizide: Vom Winde verweht aus dem Pestizidatlas der Heinrich Böll Stiftung nachgewiesen hat. Das kann besonders für Menschen, die in landwirtschaftlich durchsetzten Gebieten leben, ein Risiko darstellen.
Besonders aber die Belastung des Grundwassers durch Pestizide ist ein Problem, wie der Pestizidatlas der Heinrich Böll Stiftung in seinem Beitrag Pestizide im Wasser veranschaulicht. Aus dem Bericht Gewässer in Deutschland des Bundesumweltamtes geht hervor, dass in Grund- und Fließgewässern in Deutschland mitunter beträchtliche Rückstände von Pestiziden aus der Landwirtschaft gefunden werden, selbst von Chemikalien, deren Einsatz bereits lange verboten ist.
❗ Rückstände auf behandelten Lebensmitteln und Naturprodukten
Natürlich finden sich auch Rückstände der Chemikalien auf behandelten Lebensmitteln und Naturprodukten, wie bspw. Obst und Gemüse, Korb- und Holzprodukten oder Baumwollware. Besonders wenn Waren aus Ländern mit weniger strengen Regulierungen oder Überprüfungen importiert werden, besteht die Gefahr teils erheblicher giftiger Rückstände.
Die Untersuchung Nationale Berichterstattung „Pflanzenschutzmittelrückstände in Lebensmitteln“ des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hat verarbeitete und unverarbeitete Lebensmittel auf Pestizidrückstände untersucht: “Diese führten in 438 Fällen aufgrund von 1059 Untersuchungen zu Beanstandungen der betroffenen Lebensmittelproben.”
Wie Sie sich vor den schädlichen Wirkungen von Insektiziden schützen können:
Schutz vor Insektiziden aus der Landwirtschaft
Wenn Sie im ländlichen Umfeld wohnen, haben Sie eine höhere Chance, mit Insektiziden in Kontakt zu kommen, wenn diese gerade großflächig ausgebracht werden.
✔️ Informieren Sie sich bei lokalen Verwaltungen oder bei den Agrarwirtinnen und Agrarwirten selbst, wann und wo in Ihrer Umgebung Insektizide und andere Pestizide gespritzt werden.
✔️ Bleiben Sie Bereichen fern, in denen gerade Pestizide ausgebracht werden.
✔️ Wenn in Ihrer Nachbarschaft Pestizide gespritzt werden, schließen Sie die Fenster und lüften Sie erst abends oder nachts.
Insektizide richtig handhaben
In einer Mitteilung zum Thema Pflanzenschutzmittel in Haus- und Kleingärten sicher anwenden gibt das Bundesinstitut für Risikobewertung Anweisungen zum sicheren Umgang mit Pestiziden im privaten Bereich:
✔️ Insektizide sollten Sie nur im Fachhandel kaufen, achten Sie dabei auf die Aufschrift „Anwendung durch nicht-berufliche Anwender“.
✔️ Verwenden Sie das Insektizid nur an betroffenen Stellen, lassen Sie Gehwege, Flächen und Einfahrten aus.
✔️ Bringen Sie das Insektizid nur bei wenig Wind und bei Temperaturen unter 25 Grad aus.
✔️ Tragen Sie festes Schuhwerk, lange Kleidung, Handschuhe, Maske und Brille, um Kontakt mit dem Insektizid möglichst zu vermeiden.
✔️ Bis zum vollständigen Trocknen der Flüssigkeit, meiden Sie den gespritzten Bereich. Auch essen, trinken oder rauchen sollten Sie nur fernab dieses Gebietes.
✔️ Halten Sie Kinder und Haustiere fern und informieren Sie gegebenenfalls auch Ihre Nachbarinnen und Nachbarn.
✔️ Waschen Sie nach der Anwendung Ihre Hände gründlich mit Wasser und Seife und wechseln Sie die Kleidung.
✔️ Lagern Sie Insektizide immer kühl, trocken, frostfrei und für Kinder unerreichbar.
Umgang mit behandelten Lebensmitteln und Naturprodukten
✔️ Um sich vor Rückständen von Insektiziden auf Nahrung zu schützen, waschen Sie Obst und Gemüse gründlich mit warmem Wasser und Schwamm oder Bürste. Sie können Obst und Gemüse auch eine Weile im Wasser liegen lassen, damit sich Rückstände auf der Oberfläche lösen können.
✔️Manche Produkte aus der Land- und Forstwirtschaft können gewaschen oder abgewischt werden, bspw. Tuch und einige Holzoberflächen. Es gibt jedoch Materialien, wie Rattan, die sich so nicht reinigen lassen. Lassen Sie diese an einem trockenen Ort gründlich auslüften.
Die passenden Analysen
Ob Pestizide oder andere Schadstoffe in Ihrem Boden sind, finden Sie schnell und unkompliziert mit unseren Bodenanalysen heraus. Diese geben Ihnen bei Bedarf zudem Aufschluss darüber, ob und wie Sie ihren Boden düngen sollten: Zu unseren Bodenanalysen
Ein Trinkwasser Test analysiert Ihr Trinkwasser auf allgemeine Kriterien der Wasserqualität sowie gefährliche Schadstoffe aus der Landwirtschaft. Wenn Sie das Wasser in Ihrem Garten überprüfen lassen wollen, eignet sich ein Brunnenwasser Test hervorragend.
Und so funktioniert’s: Sie erhalten von uns ein Test-Kit sowie ein verständliche Anleitung zur Probenentnahme. Die Wasserprobe wird dann in unserem Fachlabor professionell untersucht. Sie erhalten einen Ergebnisbericht mit Erklärungen und alle wichtigen weiterführenden Informationen.
✔️ Nähr- & Schadstoffe
✔️ Messung mit ICP-OES
✔️ 2 in 1 Kombi-Analyse
Wussten Sie ..?
Auch Naturschutzgebiete sind von der Kontamination mit Insektiziden und anderen Pestiziden betroffen, da Verwehung und der Transport durch das Grundwasser die giftigen Stoffe weit verbreiten können. Wer neben einem Naturschutzgebiet wohnt, ist also nicht zwingend sicherer vor Pestiziden aus der Landwirtschaft.
Gefährliche Substanzen
❗ Organophosphate (Phosphorsäureester)
❗ Carbamate
❗ Pyrethroide
❗ Acetamiprid