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Gesundheitsrisiko Kamin: Belastungen der Raumluft mit Feinstaub und anderen Schadstoffen
Allgemeines
Offene Kamine und Kaminöfen haben durch ihre angenehme Wärmestrahlung und das sichtbare Feuer für viele Menschen einen hohen „Gemütlichkeitsfaktor“. Je nach Effizienz des Kamins und Bezugsquelle des Brennholzes lassen sich mit den beliebten Kleinfeuerungsanlagen ebenso Energiekosten sparen. Allerdings haben viele Kamine auch eine nicht zu vernachlässigende Schattenseite: Der Schadstoffausstoß ist im Vergleich zu modernen Gas- und Ölheizungen oft um ein Vielfaches höher.
Kaminöfen und offene Kaminen erzeugen bei der Verbrennung Schadstoffe wie Feinstaub, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs), Stickoxide und Schwefeldioxid. Wie hoch die Schadstoffemissionen sind, hängt stark von Faktoren wie Heizverhalten, Trocknungsgrad des Brennholzes sowie der Bauweise des Kamins ab. Während über den Schornstein abgegebene Schadstoffe oft eine erhebliche Belastung für die nähere Umgebung darstellen, kommen auch unmittelbare Raumluftbelastungen durch Kamine und Kaminöfen vor. Ein besonderes Risiko geht hier beispielsweise von in Innenräume freigesetztem Feinstaub aus. Feinstaub aus Holzfeuerungsanlagen wirkt unter anderem reizend auf die Atemwege und gilt als krebserregend.1
Entwicklung
Offene Kamine gibt es seit ca. 800 Jahren. So wurden mit diesen zum Beispiel einzelne Räume in Burgen und Schlössern geheizt. In einfachen Behausungen waren aber für lange Zeit noch offene Hausfeuerstellen üblich, bei denen die Rauchgase ohne Schornstein offen in den Raum entwichen. Neben ihrer Heizwirkung dienten speziell gebaute Kamine früher auch als Herd. Die Heizleistung von offenen Kaminen ist sehr ineffizient, da einer großer Teil der Wärme über den Schornstein entweicht. Bei geschlossenen Kaminen bzw. Kaminöfen ist der Wirkungsgrad deutlich höher. Bereits im 14. Jahrhundert begann die Verbreitung von geschlossenen Kachelöfen. Erste geschlossene Kaminöfen mit Glastür sind etwa ab 1970 verfügbar.2 Im Jahr 2023 waren in Deutschland etwa 11,3 Millionen Öfen und Kamine in Betrieb.3
Gesundheitsrisiken Kamin: einzelne Schadstoffe und ihr Risikopotenzial
Kamine und Kaminöfen können eine Vielzahl verschiedenster Schadstoffe freisetzen, die eine Gefahr für Mensch und Umwelt darstellen. Die Rauchgase dieser Holzfeuerungsanlagen sollten normalerweise über den Schornstein abgeführt werden, sodass Schadstoffe in der Innenraumluft keine kritischen Werte erreichen. Dies ist insbesondere bei offenen Kaminen jedoch nicht immer gewährleistet. Auch bei geschlossenen Kaminöfen kann es zum Beispiel beim Anfeuern, Nachlegen von Holz oder durch undichte Ofentüren zum Entweichen von Rauchgasen und Schadstoffen in den Innenraum kommen.4 Weiterhin können bei Inversionswetterlagen (obere Luftschichten wärmer als untere) größere Mengen an schädlichem Rauch aus Kaminen und Öfen austreten, da der Schornstein nicht richtig oder gar nicht „zieht“. Die wichtigsten oft von Kaminen freigesetzten Schadstoffe bzw. Schadstoffgruppen stellen wir Ihnen nachfolgend kurz vor:
💡Feinstaub:
Als Feinstaub wird Staub mit einer Partikelgröße von unter PM10 (weniger als 10 Millionstel Meter) bezeichnet. Ein Kaminofen neuerer Bauart setzt bei Vollast und geeignetem Brennmaterial etwa 500 mg Feinstaub frei. Bei offenen Kaminen mit ihren oft schlechteren Verbrennungsbedingungen kann dieser Wert um ein Vielfaches ansteigen. Zum Spektrum des Feinstaubs zählt auch Ruß. Nach Studien aus Dänemark und der Schweiz sind Holzfeuerungen im Winter für bis zu 90 % der Feinstaubbelastung in der Umgebung der Feuerungsanlagen verantwortlich.4 Feinstaub ist für das menschliche Auge nicht sichtbar und kann tief in die Atemwege eindringen. Die gesundheitlichen Folgen von erhöhter Feinstaubbelastung reichen von Reizungen der Atemwege, über die Ausbildung von Asthma und Bronchitis bis zu Krebs. Weiterhin stellt Feinstaub eine Belastung für das Herz-Kreislauf-System dar. Ein erhöhtes Risiko von Diabetes mellitus Typ 2 wird diskutiert. Besonders gefährdet durch Feinstaub sind Schwangere und Personen mit Vorerkrankungen.1 Ergebnisse einer schwedischen Studie deuten sogar auf ein erhöhtes Demenzrisiko durch Feinstaub aus Kaminen und anderen Holzfeuerungen hin.5
💡Stickstoffdioxid (NO2):
Stickstoffdioxid (NO2) besteht aus Stickstoff und Sauerstoff und gehört zu den Stickoxiden. NO2 entsteht bei der Verbrennung fossiler Energieträger wie Holz und Kohle. Im Jahr 2021 wurden aus deutschen Kleinfeuerungsanlagen etwa 75.000 Tonnen NO2 freigesetzt.6 NO2 kann unter anderem die Atemwege schädigen, Lungenödeme (Ansammlung von Flüssigkeit) hervorrufen sowie den Geruchssinn beeinträchtigen. Weiterhin ist der Schadstoff Grundvoraussetzung für die Bildung des Luftschadstoffs Ozon.7
💡Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs):
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs) entstehen bei der unvollständigen Verbrennung von fossilen Brennstoffen wie Holz, Kohle und Öl. Die Bildung von PAKs steigt an, je niedriger die Verbrennungstemperatur ist und je weniger Sauerstoff für die Verbrennung zur Verfügung steht.8 Mit Festbrennstoffen betriebene Kleinfeuerungsanlagen sind die Hauptemissionsquelle für PAKs. Die Schadstoffe sind schwer abbaubar und gelten unter anderem als krebserregend.9
💡Schwefeldioxid (SO2):
Schwefeldioxid (SO2) entsteht durch Oxidation des in Brennmaterialien wie Holz enthaltenen Schwefels. SO2 wirkt reizend auf Schleimhäute und Augen und kann die Atemwege schädigen.10, 11
💡Kohlenmonoxid (CO):
Kohlenmonoxid (CO) ist ein farb- und geruchloses Gas. Wird CO eingeatmet, behindert dieses den lebenswichtigen Sauerstofftransport im Blut. Hohe CO-Konzentrationen können schon nach wenigen Sekunden der Exposition zu Bewusstlosigkeit und Tod führen. Mildere Symptome einer CO-Vergiftung sind beispielsweise Müdigkeit, Kopfschmerzen und Schwindel. CO entsteht bei der Verbrennung von fossilen Brennstoffen wie Holz und Kohle, wenn für die Verbrennung nicht genügend Sauerstoff zur Verfügung steht. Gelangt das Kohlenmonoxid nicht über einen Schornstein oder Abzug ins Freie, kann sich das Gas in Innenräumen ansammeln. In Deutschland kommt es jährlich zu ca. 5.000 Vergiftungen durch Kohlenmonoxid. Etwa 500 davon verlaufen sogar tödlich.12, 13
Schadstoffausstoß und Betrieb von Kaminen und Kaminöfen – welche Verordnungen gelten?
Welche Grenzwerte und Verordnungen für offene Kamine und Kaminöfen gelten, ist oft nur für Fachleute zu durchschauen. So gibt es neben allgemeinen gesetzlichen Regelungen für Neugeräte und Kleinfeuerungsanlagen mit einem bestimmten Alter zahlreiche Ausnahmeregelungen. Diese gelten zum Beispiel für historische Öfen, die als einzige Heizmöglichkeit in einer Wohneinheit gelten. Weiterhin gibt es unterschiedliche Übergangsfristen zur Einhaltung neuer Bestimmungen.
Seit dem 1. Januar 2022 regelt die Verordnung (EU) Nr. 2015/1185 die Energieeffizienz und Luftschadstoffemissionen neuer Festbrennstoff-Einzelraumheizgeräte. Dazu zählen auch mit Holz gefeuerte Öfen.14 Für offene Kamine und Kamine mit optional schließbarer Tür gilt zudem eine gesonderte Betriebsregel: Diese dürfen nur „gelegentlich“ betrieben werden. Der Begriff „gelegentlich“ wird von den Behörden meist so ausgelegt, dass entsprechende Kamine nicht regelmäßig und nicht ausschließlich zur Beheizung von Wohnräumen verwendet werden dürfen. Nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts dürfen offene Kamine nicht an mehr als 8 Tagen im Monat betrieben werden. Die Betriebsdauer an diesen Tagen darf 5 Stunden nicht überschreiten.15
Der richtige Ansprechpartner für Fragen zu Grenzwerten, Einbau- und Brandschutzbestimmungen etc. ist Ihr Schornsteinfeger oder Ofenbauer. Eine gute Übersicht zu Schadstoff-Grenzwerten von Kaminöfen und einem drohenden Verbot von Kaminöfen, die vor dem 31. März 2010 gebaut wurden bietet unser Ratgeber „Kaminofen Verbot 2024 – Der komplette Leitfaden für Besitzer“.
Checkliste: Gesundheitsrisiken und Luftverschmutzung durch Kamine minimieren
Mit den folgenden Tipps und Hinweisen können Sie den Schadstoffausstoß von Kaminen und Kaminöfen teilweise deutlich senken. So reduzieren Sie das Risiko von Gesundheitsschäden und entlasten die Umwelt:1, 17
➡️Papier, Gartenabfälle oder Müll sind für Kamine selbstverständlich kein geeignetes Brennmaterial. Neben hohen Schadstoffemissionen verursachen diese „Brennstoffe“ oft auch eine verstärke Verrußung des Schornsteins, die zu gefährlichen Kaminbränden führen kann.
➡️Brennholz sollte unbehandelt sein und einen maximalen Feuchtegehalt von 25 % und einen maximalen Wassergehalt von 20 % aufweisen. Damit diese Werte erreicht werden, muss das Holz in der Regel 2 Jahre trocknen.
➡️Damit Holzscheite möglichst sauber verbrennen, sollten diese einen Durchmesser von 12 cm nicht überschreiten.
➡️Führen Sie vor dem Anheizen des Kamins bzw. Kaminofens eine „Streichholz-Probe“ durch, um den Zug des Schornsteins zu prüfen. Wird die Flamme des Streichholzes etwas noch oben gezogen, herrscht ausreichender Zug.
➡️Da bei niedrigen Verbrennungstemperaturen in der Regel mehr Schadstoffe wie PAKs entstehen, sollte das Kaminfeuer schnell hohe Temperaturen erreichen. Zünden Sie dazu das Kaminholz von oben mit geeigneten Anzündern an. Papier und Pappe sind keine geeigneten Anzünder, da diese nur eine kurze Brenndauer haben.
➡️Für eine möglichst saubere Verbrennung braucht das Feuer ausreichend Sauerstoff. Achten Sie daher auf eine gute Regelung der Luftzufuhr.
➡️Lassen Sie sich schon vor der Installation einer Feuerstelle wie Kaminen oder Kaminöfen von zum Beispiel Schornsteinfeger oder Ofenbauer zur richtigen Belüftung von Haus bzw. Wohnung beraten. Bei falscher oder nicht geeigneter Raumbelüftung kann es unter anderem durch Unterdruck zum Austreten und/oder Einströmen von schädlichen Verbrennungsgasen in den Innenraum kommen. Besonders gefährdet sind hier Niedrigenergiehäuser mit sehr hoher Dichtigkeit. Raumluftunabhängige Kamine und Öfen können oft viele Lüftungsprobleme lösen.
➡️CO-Melder können rechtzeitig vor erhöhten Kohlenmonoxid-Werten warnen. Neben der Installation eines Melders in der Nähe der Feuerstätte sollten diese auch in Schlafzimmern angebracht werden. Die empfohlene Installationshöhe beträgt ca. 1,5 Meter.
➡️Kleinfeuerungsanlagen wie Kamine und Kaminöfen sollten einmal pro Jahr durch einen Fachbetrieb inspiziert und gewartet werden.
Kaminöfen schadstoffärmer machen: Filter und Katalysatoren nachrüsten
Viele Kaminöfen können mit Feinstaubfiltern nachgerüstet werden. Damit erfüllen diese dann oft auch aktuelle Grenzwerte und müssen nicht stillgelegt bzw. ausgetauscht werden. Bei offenen Kaminen ist der Einbau von Filtern in der Regel aus technischen Gründen nicht möglich. Als Filter werden beispielsweise Modelle mit elektrostatischer Abscheidung (E-Abscheider) angeboten. Besonders effektiv tragen diese zur Schadstoffreduktion bei, wenn gleichzeitig Katalysatoren nachgerüstet werden. Letztere können auch viele gasförmige Schadstoffe unschädlich machen.17 Besonders schadstoffarme Kaminöfen sind unter anderem an dem staatlichen Umweltzeichen „Blauer Engel“ erkennbar.18
Mit Luftanalysen Schadstoffe in der Raumluft aufspüren
Wir bieten Ihnen ein breites Angebot verschiedenster Luftanalysen. Neben einigen von Holzfeuerungen freigesetzten Schadstoffen decken diese teilweise auch gesundheitsschädliche Chemikalien wie Formaldehyd und Weichmacher ab. Ein sehr breites Analysespektrum hat die Luftanalyse Wohnraum Komplett. Hier werden neben der Raumluft ebenfalls eine Staub- und Materialprobe analysiert. Zum Analyseumfang des Tests gehören unter anderem die auch von Kaminen freigesetzten PAKs, Weichmacher, Formaldehyd, PCB (kann in alten Holzschutzmitteln enthalten sein) und Lösungsmittel. Mit der Luftanalyse Wohnraum Premium werden insgesamt 67 flüchtige organische Verbindungen, sogenannte VOCs (volatile oragnic compounds) erfasst. Diese können aus Möbeln, Farben, Baustoffen etc. ausdünsten und gelten zumindest teilweise als gesundheitsschädlich. Speziell für Altbauten haben wir die Luftanalyse Altbau Komplett entwickelt. Bei dieser werden unter anderem die Konzentrationen von PCB, PAKs, Weichmachern, Formaldehyd und Lindan bestimmt. Bei Lindan handelt es sich um ein leber- und nervenschädigendes Insektizid mit möglicherweise krebserregender Wirkung. Der Einsatz von Lindan wurde in Europa 2008 verboten. Bis in die 1980er Jahre wurde Lindan vielfach in Holzschutzmitteln verwendet.19
✔️ über 67 Parameter
✔️ leichtflüchtige Stoffe (VOC)
✔️ Moderne Pumpensammlung
✔️ über 100 Parameter
✔️ leicht- & schwerflüchtige Stoffe
✔️ inkl. Formaldehyd & Weichmacher
Wussten Sie..?
Mit handwerklichem Geschick und entsprechenden Kenntnissen können Sie viele Installationsarbeiten von Kaminen und Kaminöfen selbst erledigen. Vor der Inbetriebnahme ist aber auf jeden Fall eine Abnahme durch den Schornsteinfeger vorgeschrieben.20
Quellen
1Vgl.: Umweltbundesamt: Heizen mit Holz. 2021.
2Vgl.: Wärme & Design: Geschichte von Feuer, Kamin und Kaminofen. 2024.
3Vgl.: Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein: Öfen und Kamine – gute Heizalternativen? 2023.
4Vgl.: Zentrum für Energieforschung, Universität Stuttgart: Messung und Bewertung der Schadstoffemissionen von Holzfeuerungen in Innenräumen. 2019.
5Vgl.: Limmataler Zeitung: Demenzgefahr vor dem Cheminée. 2018.
6Vgl.: Umweltbundesamt: Emissionen und Emissionsminderung bei Kleinfeuerungsanlagen. 2023.
7Vgl.: Umweltbundesamt: Vortrag Avistra, Konferenz des UBA zur Internalisierung der externen flughafennahen Umweltkosten: Luftschadstoffe durch Flugverkehr und Flughafenbetrieb. 2008.
8Vgl.: Umweltbundesamt: Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe Umweltschädlich! Giftig! Unvermeidbar? 2016.
9Vgl.: Umweltbundesamt: PAK-Messungen an Kaminöfen. 2021.
10Vgl.: Umweltbundesamt: Schwefeldioxid. 2022.
11Vgl.: Stadt Berlin, Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt: Überblick zur Holzverbrennung. 2024.
12Vgl.: Umweltbundesamt, Vortrag Avistra, Konferenz des UBA zur Internalisierung der externen flughafennahen Umweltkosten: Luftschadstoffe durch Flugverkehr und Flughafenbetrieb. 2008.
13Vgl.: VHV Versicherungen: Kohlenmonoxid: Was Ofen- und Kaminbesitzer beachten sollten. 2024.
14Vgl.: Umweltbundesamt: Kleinfeuerungsanlagen. 2023.
15Vgl.: Schornsteinfegerinnung Aachen: Offene Kamine dürfen nur gelegentlich betrieben werden! 2024.
16Vgl.: Verbraucherzentrale.de: Kaminöfen – so nutzen Sie Ihren Kaminofen umweltfreundlich. 2023.
17Vgl.: Ingenieur.de: Kaminöfen: So lassen sich Schadstoffe am effektivsten reduzieren. 2023.
18Vgl.: Blauer-Engel.de: Kaminöfen für Holz (DE-UZ 212). 2024.
19Vgl.: Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit: Bewertung von erhöhten Lindan-Konzentrationen in der Raumluft. 2024.
20Vgl.: Schornsteinfegerinnung Osnabrück-Emsland: Bauabnahme. 2024.