
Pestizide in Lebensmitteln: Wie hoch sind Belastung und Gesundheitsrisiken? Wie lässt sich die Aufnahme reduzieren?
Rückstände von Pestiziden finden sich in vielen Lebensmitteln, die aus konventionellem Anbau stammen oder Zutaten aus diesem enthalten. Wie hoch ist die Pestizidbelastung von Lebensmitteln generell? Enthalten zum Beispiel Erdbeeren oder Haferflocken viele Pestizide? Gehen von Pestizidrückständen Gesundheitsrisiken aus? Kann man Pestizide abwaschen oder die Aufnahme auf andere Weise reduzieren? Die Antworten und viele weitere Infos und Tipps zu Pestiziden in Lebensmitteln liefert unser nachfolgender Praxis-Ratgeber. (Stand Januar 2025).
Inhalt

Was sind Pestizide?
Oft werden Pestizide mit „Pflanzenschutzmitteln“ gleichgesetzt. Dies ist jedoch nicht ganz korrekt, da Pestizide ein weiteres Wirkungsspektrum haben und der Einsatz nicht nur auf den Pflanzenschutz begrenzt ist. So werden Pestizide unter anderem vom Umweltbundesamt als „Wirkstoffe in Pflanzenschutzmitteln und Bioziden“ definiert. Pestizide können folgendermaßen grob weiter unterteilt werden:1
-
Herbizide (wirksam gegen bestimmte Pflanzen/Unkräuter)
-
Insektizide (wirksam gegen bestimmte Insekten/Schädlinge)
-
Fungizide (wirksam gegen bestimmte Pilze/Pilzerkrankungen)

Pestizideinsatz – verschiedenste Wirkstoffe, hohe Ausbringungsmengen
Im Jahr 2022 waren in Deutschland bzw. der EU ca. 1.000 Pflanzenschutzmittel zugelassen, die einen oder mehrere Wirkstoffe enthalten können. Die Anzahl der eingesetzten Wirkstoffe lag 2022 bei 281 und die gesamte ausgebrachte Menge an Pestizid-Wirkstoffen in der deutschen Landwirtschaft liegt jährlich bei etwa 30.000 Tonnen.2 Außerdem werden noch teilweise mit Pestiziden belastete Futtermittel importiert, welche sich mitunter in Lebensmitteln wie Fleisch und Milchprodukten nachweisen lassen. Vor allem Importe aus dem außereuropäischen Ausland wie Soja können relativ stark belastet sein.3

Pestizidrückstände – konventionell erzeugte Lebensmittel deutlich stärker belastet als Bio-Produkte
Die Pestizidbelastungen einzelner Lebensmittel können sehr stark schwanken. Generell sind Lebensmittel bzw. Lebensmittel mit Zutaten aus konventionellem Anbau stärker mit Pestizidrückständen belastet als Produkte aus ökologischem Anbau. So wiesen zum Beispiel bei einer Untersuchung in Baden-Württemberg aus dem Jahr 2023 95 % der Proben von Frischobst aus konventionellem Anbau Pestizidrückstände von insgesamt 213 verschiedenen Pestizidwirkstoffen auf. Bei 3,8 % der Proben kam es zu Höchstgehalt-Überschreitungen.4
Allgemeine Daten der EFSA (European Food Safety Authority) aus dem Jahr 2021 zeigen, dass 96,1 der Lebensmittelproben die Grenzwerte für Pestizidrückstände einhielten. Ein oder mehrere Rückstände enthielten jedoch 39,8 % der Proben. Für die im Rahmen eines mehrjährigen Kontrollprogramms (EU MAPC) stattgefundene Untersuchung wurden insgesamt 87.863 Lebensmittelproben aus einem zufällig ausgewählten Warenkorb mit 12 Lebensmitteln untersucht. Zu diesen gehörten verschiedene Obst- und Gemüsesorten, Zuchtpilze, Olivenöl, Weizen, Rinderfett und Hühnereier.5
Lebensmittel aus ökologischer Erzeugung sind in der Regel deutlich weniger mit Pestiziden verunreinigt. So zeigten beispielsweise die Ergebnisse des Ökomonitoring 2022, dass konventionelles Obst im Durchschnitt 76-mal höher mit Pestizidrückständen belastet war als Bio-Obst. Konventionell angebautes Gemüse war sogar 153-mal höher belastet. Die festgestellten Rückstands-Konzentrationen lagen jedoch überwiegend nur im Spurenbereich von weniger als 0,01 mg/kg).6 In Einzelfällen wurden jedoch auch bei ökologisch produzierten Lebensmitteln Pestizidrückstände nachgewiesen. Diese können zum Beispiel durch Verunreinigungen bei Transport und Verarbeitung, Pestizid-Windabdrift von konventionellen Anbauflächen oder der Nichtbeachtung gesetzlicher Bestimmungen verursacht werden.7, 8 Mit welchen Schadstoffen Lebensmittel allgemein belastet sein können, erfahren Sie in unserem Ratgeber „Schadstoffe in Lebensmitteln – welche Lebensmittel sind am meisten belastet?“.
Wichtig zu wissen: Abbauprodukte von Pestiziden, sogenannte Metabolite, werden in der Regel bei Untersuchungen auf Pestizidrückstände nicht berücksichtigt. Pestizide bauen sich nach der Ausbringung oft durch Umwelteinflüsse wie UV-Strahlung und/oder Bodenmikroorganismen ab. Dabei können Pestizidmetabolite entstehen, deren Auswirkungen auf die Gesundheit noch nicht abschließend geklärt sind. Die Metabolite können aber ebenso direkt auf Lebensmitteln oder durch den „Abbau“ von Pestiziden im menschlichen Körper entstehen.9, 10

Welche Lebensmittel sind gering oder besonders stark mit Pestiziden belastet?
Wie bereits erwähnt, können die Konzentrationen von Pestizidrückständen in Lebensmittel stark schwanken. Die folgende Auswahl enthält Lebensmittel, die in der Vergangenheit jedoch häufig geringe bzw. erhöhte Rückstand-Konzentrationen aufwiesen:6, 11, 12
geringe Belastung
-
Kohl, Kartoffeln, Möhren, Spargel
-
Äpfel, Erdbeeren
-
mageres Fleisch
hohe Belastung
-
Bohnen, Paprika, Spinat, Rucola
-
Himbeeren, Brombeeren, Granatapfel, Kirschen, Mandarinen, Bananen
-
Chiasamen
-
Kräuter/Kräutertees
-
grüner und schwarzer Tee
-
Brot, Mehl, Haferflocken
Wichtig zu wissen: Pestizidrückstände kann man in der Regel weder schmecken noch riechen.16

Welche Grenzwerte gelten für Pestizidrückstände in Lebensmitteln?
Für Pestizidrückstände in Lebensmitteln und Futtermitteln gibt es in Deutschland keine einheitlichen Grenzwerte. Vielmehr werden entsprechende „Rückstandshöchstgehalte“ oft für einzelne Wirkstoffe separat festgelegt, da diese teilweise auch ein völlig anderes (dosisabhängiges) Risikopotenzial haben. Häufig gibt es sogar für einzelne Lebensmittel- oder Lebensmittelgruppen für einen Wirkstoff verschiedene Rückstandshöchstgehalte. Entsprechende Höchstgehalte werden in einem EU-Gemeinschaftsverfahren durch EU-Verordnung nach umfangreichen Versuchen und Studien festgelegt. Sind für einen Wirkstoff keine spezifischen Rückstandshöchstgehalte vorgegeben, gilt ein allgemeiner Grenzwert von 0,01 mg/kg. Kontrollen auf Einhaltung der Grenzwerte liegen im Zuständigkeitsbereich der Lebensmittelüberwachung der einzelnen Bundesländer.13

Pestizidrückstände in Lebensmitteln – besteht ein Gesundheitsrisiko?
Werden die Rückstandshöchstgehalte (Grenzwerte) für Pestizidrückstände eingehalten, drohen nach offizieller behördlicher Darstellung bei normalen Verzehrmengen keine Gesundheitsgefahren. Allerdings sind mögliche negative Einflüsse auch geringer Rückstandsmengen auf die menschliche Gesundheit in der Wissenschaft noch immer umstritten und es wird auf dem Gebiet intensiv geforscht. So stehen einige Pestizide bzw. deren Abbauprodukte zumindest im Verdacht, unter anderem Nervenschäden sowie eine Beeinflussung von Hormonsystem und Fortpflanzungsfähigkeit zu verursachen. Weiterhin werden Gesundheitsrisiken von Pestiziden während der Zulassung nur für einzelne Wirkstoffe bewertet. In der Regel nimmt man mit der Nahrung jedoch verschiedenste Pestizidrückstände auf, deren gemeinsame Auswirkungen nicht oder nicht ausreichend geprüft werden.14, 15
👉 Mehr zu den Symptomen und Gesundheitsrisiken, die durch Pestizide im Körper auftreten können.

Tipps und Maßnahmen zur Reduzierung der Pestizidaufnahme
Mit den folgenden Tipps und Maßnahmen können Sie die Aufnahme von Pestizidrückständen oft deutlich senken:16, 17
-
Bioprodukte bevorzugen: Lebensmittel aus ökologischem bzw. biologischem Anbau weisen in der Regel deutlich weniger Pestizidrückstände auf als Produkte aus konventionellem Anbau. Allerdings sind Bio-Produkte oft erheblich teurer als „normal“ erzeugte Lebensmittel. Discounter und große Lebensmittelketten bieten aber regelmäßig auch Bio-Produkte als Sonderangebote an, die preislich nicht oder nur wenig über konventionell erzeugter Ware liegen.
-
EU-Ware: Innerhalb der EU angebaute Lebensmittel weisen oft geringere Pestizidbelastungen auf als Produkte aus dem außereuropäischen Ausland.
-
Selbst ernten, anbauen: Haben Sie die Möglichkeit Obst und Gemüse selbst anzubauen, können Sie zumindest für einige Zeit im Jahr pestizidfreie Nahrungsmittel erhalten. In ländlichen Regionen gibt es vielfach auch die Option, zum Beispiel Äpfel ohne Pestizide von offiziell für die Allgemeinheit zur Ernte freigegeben Bäumen zu ernten. Oft werden entsprechende Bäume mit Bändern gekennzeichnet. Vermeiden Sie jedoch die Ernte von Bäumen, die an Hauptverkehrsstraßen oder an landwirtschaftlichen Flächen mit konventioneller Nutzung stehen (Abdrift von Pestiziden).
-
Pestizide abwaschen: Teilweise lässt sich die Menge an Pestizidrückständen auf zum Beispiel Obst und Gemüse durch gründliches Waschen zumindest deutlich reduzieren. Kräftiges Abreiben kann weitere Rückstände entfernen. Für Produkte mit rauer Oberfläche ist eine Gemüsebürste empfehlenswert. Pestizide von Heidelbeeren, Erdbeeren oder anderem weichen Obst mit rauer Oberfläche abzuwaschen, gelingt oft nur teilweise.
-
Hände waschen: Waschen Sie sich nach dem Schälen von beispielsweise Orangen, Mandarinen oder Mangos die Hände, bevor Sie die Früchte verzehren. So wird die Übertragung von Pestizidrückständen auf das Fruchtfleisch gemindert. Zusätzlich sollten die Früchte natürlich vor dem Schälen gewaschen und abgerieben werden.
-
Äußere Blätter entfernen: Entfernen Sie bei Salatköpfen die äußeren Blätter, da an diesen oft verstärkt Pestizide haften.

Schon gewusst?
Durch die Aufnahme von Pestizidrückständen über die Nahrung drohen höchstwahrscheinlich eher geringe Gesundheitsrisiken. Bei direktem Kontakt mit den Chemikalien bestehen jedoch teilweise konkrete Gesundheitsrisiken. So gibt es zumindest Hinweise darauf, dass Personen, die häufig Pestizide ohne ausreichende Schutzkleidung ausbringen, häufiger an Krebs und Parkinson erkranken.15

Mit Trinkwassertests Glyphosat-Belastung aufspüren
Glyphosat zählt zu den am häufigsten eingesetzten Herbiziden. Rückstände der Chemikalie finden sich regelmäßig in Lebensmitteln wie Getreide (z. B. Haferflocken). Mittlerweile werden Glyphosat bzw. dessen Abbauprodukte aber ebenso relativ häufig in Oberflächengewässern nachgewiesen. In Einzelfällen gelangt das „wahrscheinlich“ krebserregende Herbizid aber auch schon in das Grundwasser.18, 19, 20
👉 Hier erfahren Sie mehr zu den Belastungen und Gesundheitsrisiken von Pestiziden im Trinkwasser.
Unser umfassendes Angebot an Wassertests enthält unter anderem einen Wassertest Glyphosat. Mit diesem können Sie Ihr Trinkwasser auf Rückstände des Pestizids testen lassen. Die Probenahme für unsere Wassertests können Sie mit der in den Testkits enthaltenen Anleitung übrigens ganz einfach selbst vornehmen. Nach Einsendung per Post erfolgt die Auswertung der Probe in unserem spezialisierten Partnerlabor.

138,00 €
Sofort verfügbar, Lieferzeit: 1-3 Tage
✔️ Unkrautvernichtungsmittel
✔️ Breitband-Herbizid-Kontrolle
✔️ inkl. Glyphosat, AMPA, Glufosinat
Das könnte Sie ebenfalls interessieren:
1Vgl.: Umweltbundesamt: Pestizide. 2020.
2Vgl.: Umweltbundesamt: Pflanzenschutzmittel in der Umwelt. 2024.
3Vgl.: BUND: Pestizide gefährden die Gesundheit von Verbraucher*innen. 2024.
4Vgl.: Land Baden-Württemberg, Untersuchungsämter für Lebensmittelüberwachung und Tiergesundheit: Rückstände und Kontamination in Frischobst aus konventionellem Anbau. 2024.
5Vgl.: Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit: Pestizide in Lebensmitteln: aktuelle Zahlen veröffentlicht. 2023.
6Vgl.: Verbraucherzentrale: Pestizid-Rückstände: Welche Lebensmittel sind belastet? 2024.
7Vgl.: Heinrich Böll Stiftung: Pestizide: Vom Winde verweht. 2022.
8Vgl.: Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit: Pflanzenschutzmittelrückstände in Bio-Lebensmitteln – Untersuchungsergebnisse 2017. 2018.
9Vgl.: Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit: Forschungsprojekt: Untersuchung eines Lebensmittelwarenkorbs auf Pflanzenschutzmittel und deren Metabolite des menschlichen Stoffwechsels. 2014.
10Vgl.: Umweltbundesamt: Typische Fehlanwendungen von Pflanzenschutzmittel im Hobbygarten. 2016.
11Vgl.: Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit: Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in Lebensmitteln tierischer Herkunft. 2019.
12Vgl.: Zeitschrift Ökotest: Foodwatch-Bericht: Jedes dritte Getreideprodukt mit Pestiziden belastet. 2023.
13Vgl.: Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit: Pflanzenschutzmittel-RückständeaufLebensmitteln. 2024.
14Vgl.: Bayerisches Landesamt für Umwelt: Pflanzenschutzmittel. 2024.
15Vgl.: Verbraucherzentrale Hamburg: Pestizide in Obst und Gemüse – das sollten Sie wissen. 2024.
16Vgl.: Verbraucherzentrale: Tipps: So vermeiden Sie eine zu hohe Pestizidbelastung. 2024.
17Vgl.: BUND: Gesund essen ohne Pestizide. 2023.
18Vgl.: Zeitschrift Ökotest: Kernige Haferflocken: Labor stößt im Test auf Schimmelpilzgifte und Glyphosat. 2023.
19Vgl.: Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen: Belastungsentwicklung von Oberflächengewässern und Grundwasser in NRW mit Glyphosat und AMPA. 2013.
20Vgl.: BUND: Was ist Glyphosat? 2024.