Haltung von Pferden: Was ist pferdegerecht?
Was bedeutet eigentlich „pferdegerechte Haltung“? Das beantworten wir hier. Wir klären, welche Pferdebedürfnisse grundlegend sind und welche artgerechten Haltungsformen es gibt – inklusive ihrer Vor- und Nachteile. Informieren Sie sich jetzt!
Inhalt
Artgerechte Haltung von Pferden: Was bedeutet das?
Die Basis einer artgerechten Haltung von Pferden ist das Tierschutzgesetz. Hier fordert der Paragraf 2, dass jeder, der ein Tier hält oder betreut, die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt, um das Tier entsprechend seiner Bedürfnisse zu ernähren, zu pflegen und unterzubringen.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat unter Beachtung des Tierschutzgesetzes, insbesondere §§ 1 und 2, 2009 die „Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltung unter Tierschutzgesichtspunkten“ herausgegeben. Diese gelten als Orientierung und sollten jedem Pferdehalter bekannt sein.
Die Bedürfnisse des Pferdes 1 müssen durch die Haltungsform, der Möglichkeit, sich ausreichend zu bewegen – das Pferd ist von Natur aus ein Lauftier –, genügend Futter und Wasser zur Verfügung und ausreichend Schutz vor der Witterung gedeckt werden.
Hinzu kommen in der Haltung Aspekte wie
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Einsatzgebiete des Pferdes (Sport, Arbeit, ‚Rentner‘ etc.)
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Arbeitswirtschaft (Abläufe der Versorgung der Pferde)
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Kosten
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Service für den Pferdehalter (Ausstattung, Angebot etc.)
Haltung von Pferden: Einzeln oder in der Gruppe?
Zunächst ist es wichtig, die Haltungsform des Pferdes festzulegen. Dabei geht es darum, ob das Pferd einzeln oder in einer Gruppe gehalten wird.
Was macht die Gruppenhaltung von Pferden aus?
In der Gruppenhaltung werden mehrere Pferde zusammengehalten. Dabei gibt es die Möglichkeit von
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Laufstall
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Gruppenauslaufstall
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Bewegungsstall
Diese Gruppenhaltungen unterscheiden sich vorrangig darin, wie viel Platz/Räumlichkeiten die Pferde haben und wie viel sie sich bewegen müssen, um zum Futter, zum Wasser, zu den Liegeplätzen oder zum Auslauf zu kommen. Die Bewegungsanreize sind hier unterschiedlich stark ausgeprägt. Aber die Pferde haben die Möglichkeit, sich jederzeit allein auf größerem Raum zu bewegen.
Wer Pferde in einer Gruppe hält, muss Folgendes beachten2:
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Hohe eigene Qualifikation und gute Pferdekenntnisse
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Grundbedürfnisse aller Pferde müssen gedeckt sein
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Bauliche Kenntnisse (beispielsweise keine Sackgassen und Engstellen, um Verletzungen zu vermeiden, Funktionsbereiche anlegen, genügend Auslauf bieten)
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Eingliederung neuer Pferde geschickt ermöglichen
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Separierung oder Ausgliederung möglich machen
Gruppenhaltung deckt eher als die Boxenhaltung die Bedürfnisse des Pferdes von sozialer Interaktion (natürlicher Herdentrieb) und Bewegung, wenn Pferde sich kennen und zusammen harmonieren.3
Was macht die Einzelhaltung von Pferden aus?
Einzelhaltung findet zumeist in Boxen oder in Boxen mit Freilauffläche statt. Die Haltung allein, sprich 24 Stunden, 7 Tage die Woche, in der Box deckt laut der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) nicht die Bedürfnisse eines Pferdes. Pferde sind Herdentiere und benötigen den Sozialkontakt zu Artgenossen. Anderenfalls können sie unter anderem Zwangsverhalten wie Weben oder Koppen entwickeln.
Sport-, Schul- oder Arbeitspferde werden häufig in Einzelboxen gehalten. Täglich viel Bewegung, mindestens 3 bis 4 Stunden³, auf Paddocks und Weiden, möglichst mit Artgenossen, lässt auch, laut FN, die Boxenhaltung die Bedürfnisse eines Pferdes nach ausreichend Bewegung und Sozialkontakten decken.
Für die tägliche Unterbringung in der Box gilt:
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Anbindehaltung ist rechtswidrig
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Artgenossen müssen in Sicht-, Hör- und Geruchsweite sein
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Boxennachbarn sollten miteinander verträgliche Pferde sein, da diese sonst nur gestresst sind
Nicht jedes Pferd ist für die Boxenhaltung oder für die reine Gruppenhaltung gemacht. Denn bei einem Pferd, dass sein Leben lang nur Boxenhaltung kannte, ist eine Stressreaktion mit gesundheitlichen Folgen, wie ein Magengeschwür möglich. Umgekehrt kann ein Pferd, das immer im Offenstall stand, schnell mit Zwangsverhalten reagieren, wenn es plötzlich nur noch in der Box steht. Hier ist es von äußerster Wichtigkeit, dass ein Pferdehalter die nötigen Kenntnisse und Erfahrungen hat, um zu erkennen, was die Bedürfnisse des jeweiligen Pferdes sind.
Boxenhaltung: Das sind die Anforderungen
Boxenhaltung kann mit dem entsprechenden Auslauf und Sozialkontakt artgerecht sein. Pferde stellen aber auch Ansprüche an die Beschaffenheit der Box. So ist die Form einer Box idealerweise quadratisch bis rechteckig. Die Stallgasse muss zwischen 2,50 m und 3 m breit sein.4
Trennwände der Pferdebox
Trennwände bieten Schutz und Ruhe vor dem Boxennachbarn. Dabei gibt es Trennwände, mit und ohne Gitter. Diese Gitter müssen einen Abstand haben, dass kein Huf und Kopf hängen bleiben kann (kleiner als 5 cm oder größer als 30 cm). Die Stäbe der Gitter müssen stabil sein, am besten zwischen 20 und 40 mm Dicke.
Türen der Pferdebox
Die Türen müssen pferdesicher verschlossen werden können und eine Breite von mindestens 1,20 m haben.
Boden der Pferdebox
Der Boden sollte trocken und rutschfest sein. Hier bieten sich Beton, Gussasphalt oder Ziegelpflaster an. Auch spezielle Gummimatten sind möglich.
Fenster der Pferdebox
Die Fensterfläche sollte 1/20 der Stallfläche ausmachen. Idealerweise hat jede Box ein eigenes Fenster mit 1 m² Fläche.
Futtertrog und der Tänke in der Pferdebox
Futtertröge für Pferde in der Box müssen:
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Auf 0,4 x Widerristhöhe angebracht sein
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Runde Kanten haben
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Leicht zu reinigen sein
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Groß genug sein
Tränken für Pferde in der Box müssen:
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Selbsttränken (möglichst frostsicher) sein
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Auf 0,4 x Widerristhöhe hängen
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Diagonal gegenüber dem Futtertrog angebracht sein
Alternative Paddockbox
Neben einer geschlossenen Box gibt es auch die Möglichkeit, dass sich ein kleiner Auslauf daran befindet, die sogenannte Paddockbox. Hier hat das Pferd mehr Licht, Luft, Bewegung und Sozialkontakt als in der geschlossenen Box. Aber der tägliche Auslauf auf Paddock oder Weide wird dadurch nicht ersetzt.
Übersicht Maße für eine Pferdebox (Wh = Widerristhöhe)³:
- Fläche : ⪰ (2 x Wh)²
- Schmale Seite: ⪰ 1,75 x Wh
- Tränke und Futtertrog: 0,3 bis 0,4 x Wh
- Ausbaufläche bei Paddockbox: ⪰ (2x Wh)²
- Trennwandhöhe / Zaunhöhe Paddockbox: ⪰ 0,8 x Wh
- Trennwandhöhe mit Gitter: ⪰ 1,75 x Wh
- Fläche: 10,24 m²
- Schmale Seite: 2,80 m
- Tränke und Futtertrog: 0,64 m
- Ausbaufläche bei Paddockbox: 10,24 m²
- Trennwandhöhe / Zaunhöhe Paddockbox: 1,28 m
- Trennwandhöhe mit Gitter: 2,80 m
Vorteile Boxenhaltung bei Pferden:
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Geringe Verletzungsgefahr
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Pferd immer verfügbar für Arbeit und Training
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Gezielte, individuelle Versorgung
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Leichte Kontrolle
Nachteile Boxenhaltung bei Pferden:
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Weniger soziale Kontakte
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Eingeschränkte Bewegungsmöglichkeit
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Entwicklung von Zwangsverhalten möglich, wenn Bedürfnisse nicht vollständig außerhalb der Box gedeckt werden.
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Ist das Stallklima nicht ideal (zu staubig, feucht, dunkel etc.), können Pferde schnell krank werden.
Gruppenhaltung: Das sind die Anforderungen
Die Gruppenhaltung von Pferden kommt ihren natürlichen Bedürfnissen sehr viel näher als die Boxenhaltung. Pferde sind Herdentier, die es bevorzugen unter Artgenossen mit einer gewissen Rangordnung und Sozialverhalten zu leben.
Die Gruppe findet sich allerdings menschengemacht zusammen und so muss der Pferdehalter achtgeben, dass alle Pferde der Gruppe, auch die rangniedrigen, ihre Bedürfnisse nach Schlaf, Nahrung und Wasser decken können. Der Mensch steht in der Pflicht, zu erkennen, ob die Gruppe funktioniert oder ob eine Umstrukturierung notwendig ist.
Anders als bei der Boxenhaltung bedarf es einer aufwendigeren Kontrolle der Pferde. Eine regelmäßige Kontrolle der Zäune und Unterstände auf Schäden und Funktionstüchtigkeit, ebenso wie Tränken und Heuraufen, schützt vor Verletzungen und sichert die Versorgung der Pferde.
Die Verletzungsgefahr durch Rangkämpfe ist in der Gruppenhaltung größer als in der Einzelahltung.
Generelle Anforderungen an Gruppenhaltung5:
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Gruppenauslauf:
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2 bis 8 Pferde
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Überdachte, windgeschützte Liegefläche, möglichst mit Einstreu, Größe (2 x Wh)² pro Pferd
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Heuraufen (bei Durchfressgitter mindestens 30 cm Abstand zwischen den Rohren, mindestens 2, mehr Pferde, mehr Heuraufen)
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Liegen, Fressen und Trinken weit auseinander, Bewegungsanreize
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Rangniedrige Tiere sollten keine Nachteile haben
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Kraftfutter individuell per Hand füttern
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Auslauf 150 m² für 2 Pferde, für jedes weiter Pferd 40 m² mehr
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Türen mindestens 1,80 m breit
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Wasserversorgung bestenfalls über Schwimmer- und Balltränken
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Einzäunung 0,8 bis 0,9 m x Wh (bestenfalls Elektrozaun, da nahezu ausbruchsicher)
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Laufstall:
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Nicht mehr als 20 Pferde
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Gleichbleibende Pferdegruppe
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Kraftfutter individuell per Hand füttern
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Anforderungen wie Gruppenauslauf
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Bewegungsstall
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Anforderungen wie Gruppenauslauf
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Fütterung von Kraftfutter über Fressstand (3 m Länge und Blickkontakt zu anderen Pferden, aber Ruhe zum Fressen)
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Fütterung von Kraftfutter über Durchlaufstand (kein Pferd kann folgen, Pferd kann darin nicht umdrehen und wird nach draußen getrieben)
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Beide Fütterungsmethoden automatisiert über Transponder (Chip) möglich
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Mindestanforderungen für die Haltung von Pferden
Die Haltung von Pferden hat, ganz gleich welche Form der Gruppenhaltung oder Boxenhaltung, immer wiederkehrende Mindestanforderungen.
Sicherheit
So steht die Sicherheit immer an oberster Stelle. Alles, woran Pferde sich verletzten könnten, gilt es zu beseitigen. Sie benötigen immer genügend Platz haben (Stallgassenbreite, Torbreite, Mindestmaße Box, Liegeflächen etc.). Abstände von Trenngittern, die zu klein oder zu groß sein, sind potenzielle Verletzungsrisiken.
Hygiene
Sauberkeit und Hygiene sind wichtig für die Gesundheit und das Wohlfühlen der Pferde. So müssen Liegeflächen und Einstreu immer sauber gehalten werden. Tränken und Tröge täglich kontrolliert und ggf. gereinigt werden. Staub regelmäßig zu beseitigen, verhindert die Ausbreitung von Keimen und die Belastung der Atemwege der Pferde.
Klima
Das Klima im Pferdestall ist idealerweise an die natürlichen Bedürfnisse der Pferde angepasst. Darunter fällt nicht nur die Minimierung von Staub.
Die Temperatur ist im Stall an die Außentemperatur angeglichen. Pferde haben eine hohe Temperaturtoleranz über den Verlauf des Jahres. Sie vertragen allerdings keine zu hohen Schwankungen innerhalb und außerhalb des Stalls.
Die Luftfeuchtigkeit liegt bestenfalls zwischen 60 und 80 % liegen. Zu hoch lässt Schimmel wachsen, zu niedrig ist schlecht für die Atemwege der Pferde.
Ammoniakgase, die den Richtwert von 10 ppm übersteigen, sind für Mensch und Pferd gesundheitsschädlich. Diese entstehen durch den Urin und des Pferdes. Der Höchstwert für Kohlenstoffdioxid liegt bei 1000 ppm. Hier ist es wichtig, für eine gute Belüftung (Türen, Fenster, Dachklappen etc.) zu sorgen, ohne dass Zugluft (mehr als 0,2 m/s) entsteht.
Pferde haben einen hohen Lichtbedarf. Dabei sind 80 Lux tagsüber ideal für Pferde in der Box und im Unterstand.6/p>
Futter und Wasser
Füttern und tränken erfolgt täglich selbstständig oder Kraftfutter ggf. per Hand. Futter (Heu und Kraftfutter)besitz immer eine hervorragende Qualität: sauber, staubarm, reich an Nährstoffen etc.
Die Qualität des Wassers entspricht den Anforderungen von Trinkwasser oder der Qualität nach dem Orientierungsrahmen Tränkwasser des BMEL.
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Heu ist immer ausreichend für alle Pferde vorhanden, damit Pferde ihrem Grundbedürfnis der Futteraufnahme über 12 Stunden folgen dürfen.
Haltung von Pferden: Fazit
Bei einer pferdegerechten Haltung ist unheimlich viel zu beachten, aber mit unseren Tipps wird es Ihnen deutlich leichter fallen. Das Wohl aller Pferde und die Einhaltung des Tierschutzgesetzes bei der Pferdehaltung stehen immer im Vordergrund.
Wenn Sie unsere Tipps beachten, wird es Ihnen leichter fallen, die natürlichen Bedürfnisse Ihres Pferdes zu erfüllen. Dadurch wird es glücklicher und zufrieden. Und das wird sich auch im Umgang und in der Arbeit mit Ihrem Pferd widerspiegeln. Glückliches Pferd – glücklicher Pferdehalter.
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1 Vgl.: Richtlinien für Reiten und Fahren, Band 4, FN Verlag, 2021, S. 162 ff.
2 Vgl.: BMEL (Hg.): Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltung unter Tierschutzgesichtspunkten, 2009, S.17f, abgerufen am 26.04.2024.
3 Vgl.: FN-Praxishandbuch für Pferdehalter, FN Verlag, 2018, S.87ff.
4 Vgl.: FN-Praxishandbuch für Pferdehalter, FN Verlag, 2018, S.89ff.
5 Vgl.: Richtlinien für Reiten und Fahren, Band 4, FN Verlag, 2021, S. 162 ff.
6 Vgl.: FN-Praxishandbuch für Pferdehalter, FN Verlag, 2018, S.89ff.