Neben bekannten häufigen Ursachen wie Arthrose, Arthritis oder Gicht können Gelenkschmerzen mitunter auch durch verschiedene Schadstoffe in Innenräumen hervorgerufen oder begünstigt werden. Welche Schadstoffe kommen hier konkret in Frage und aus welchen Materialien/Stoffen werden diese freigesetzt? Wie verursachen die Schadstoffe Gelenkbeschwerden? Mit welchen Luftanalysen lassen sich potenzielle „Gelenkschmerzen-Verursacher“ aufspüren? Die Antworten und viele weitere Infos finden Sie in unserem nachfolgenden Praxis-Ratgeber (Stand September 2024).
Wichtiger Hinweis: Die in diesem Text enthaltenen gesundheitsbezogenen Aussagen, Tipps und Ratschläge können eine Beratung bzw. Behandlung durch einen Facharzt nicht ersetzen. Es sollen lediglich Denkanstöße zu Symptomen und deren möglichen Verursachern gegeben werden.
Gelenkschmerzen (fachsprachlich: Arthralgie) können in unterschiedlichster Stärke, Dauer und Ausprägung auftreten. So gibt es unter anderem akute und chronische Gelenkschmerzen, die einzelne oder mehrere Gelenke betreffen. Weiterhin treten Gelenkschmerzen mitunter nur oder verstärkt in Ruhestellung, nachts oder am Morgen (Morgensteifigkeit) auf. Je nach Ursache verbessern oder verstärken sich Gelenkbeschwerden durch Bewegung teilweise. Insgesamt ist die Diagnostik, Abgrenzung und Ursachenermittlung verschiedener Arten von Gelenkschmerzen selbst für Fachärzte häufig eine echte Herausforderung. Deshalb kann die folgende Auflistung möglicher Ursachen von Gelenkschmerzen keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben und soll lediglich als grobe Orientierung dienen:1, 2
➡️Rheumatoide Arthritis (entzündliche Gelenkerkrankung, Autoimmunerkrankung)
➡️Bakterielle Arthritis (Entzündung von Gelenken durch Bakterien)
➡️Arthrose (Zerstörung der Knorpelschicht, „Gelenkabnutzung“)
➡️Gicht (Ablagerung von Harnsäurekristallen in den Gelenken)
➡️Schleimbeutelentzündung (Bursitis)
➡️Rheumatisches Fieber (verursacht durch Bakterien wie Streptokokken nach Nasen-Rachen-Infektion, häufig bei Kindern)
➡️Borreliose (Lyme-Arthritis, bakterielle Gelenkentzündung durch Borrelien, übertragen durch Zecken)
➡️Begleitende Gelenkentzündungen bei oder nach Infektionen (z. B. Grippe, Windpocken, Hepatitis, Scharlach)
➡️Holzschutzmittel
➡️Insektizide, Fungizide
➡️PAKs (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe)
➡️Feinstaub
In diesem Ratgeber werden wir uns schwerpunktmäßig mit den letzten 4 genannten möglichen „Innenraum-Auslösern“ von Gelenkschmerzen befassen.
Die Eigen- bzw. „Google-Diagnose“ beim Thema „Gelenkschmerzen“ gerät unter anderem wegen der sehr vielfältigen Ursachen sehr schnell an ihre Grenzen. Weiterhin können Gelenkschmerzen auch auf ernsthafte Erkrankungen oder akute medizinische Notfälle (z. B. schwere Infektionen mit Risiko für Blutvergiftung) hindeuten. Begeben Sie sich bei entsprechender Symptomatik deshalb immer in die Hände eines Facharztes und/oder wählen Sie bei akuten Symptomen den Notruf.
Im Vergleich zu einigen anderen Auslösern von Gelenkschmerzen sind Chemikalien und Feinstaub relativ selten alleinige Ursache für Gelenkschmerzen. Wurden andere, häufigere Ursachen jedoch bereits durch eine gründliche Diagnostik ausgeschlossen, kann es allerdings durchaus hilfreich sein, die genannten Chemikalien und Feinstaub in die Ursachensuche mit einzubeziehen. Teilweise ist auch eine Verstärkung von Gelenkschmerzen verursachenden Erkrankungen durch Innenraumschadstoffe möglich.
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Holzschutzmittel (PCP): Die chronische Exposition gegenüber Holzschutzmitteln wie PCP (Pentachlorphenol) kann möglicherweise die verschiedensten gesundheitlichen Beschwerden und Erkrankungen auslösen. Oft werden diese zusammenfassend als „Holzschutzmittelsyndrom“ bezeichnet. Neben Gelenkschmerzen gehören zu dessen Symptomen unter anderem auch Müdigkeit, Schlaflosigkeit, Konzentrationsstörungen, Übelkeit sowie Nervenschmerzen. Als ein Auslöser des Holzschutzmittelsyndroms wird PCP diskutiert. Die Chemikalie wurde in der Vergangenheit wegen ihrer fungiziden (pilztötenden) Wirkung oft als Holzschutzmittel verwendet bzw. diesen zugesetzt. Eine Verbotsverordnung für PCP erfolgte im Jahr 1989. Deshalb geht ein PCP-Risiko insbesondere von Holzkonstruktionen in Altbauten aus. PCP gast mitunter noch nach vielen Jahren aus behandeltem Holz aus und gelangt so in die Raumluft. PCP kann über die Atemwege (Raumluft), oral und/oder über die Haut aufgenommen werden. Bei einer PCP-Konzentration von mehr als 1 μg pro m³ Raumluft sollte ein „unverzügliches Handeln“ erfolgen. Ob PCP als ein entscheidender oder alleiniger Auslöser des Holzschutzmittelsyndroms infrage kommt, konnte noch nicht abschließend geklärt werden. Dies liegt auch daran, dass die Chemikalie oft mit anderen Substanzen wie Dioxinen und Furanen verunreinigt war, welche selbst schädliche gesundheitliche Auswirkungen haben können. Allerdings wird PCP als krebserregender Arbeitsstoff eingestuft.3
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Insektizide/Fungizide: Verschiedene Luftschadstoffe können eine rheumatoide Arthritis begünstigen. Bei dieser auch als chronische Polyarthritis bezeichneten Erkrankung handelt es sich um die häufigste entzündliche Gelenkerkrankung. Die genauen Ursachen der rheumatoiden Arthritis sind noch immer Gegenstand der Forschung. Es gilt jedoch als gesichert, dass es bei dieser Form der Arthritis zu einer Autoimmun-Reaktion des Körpers kommt. Bei dieser greifen Immunzellen das Gelenkgewebe an. Neben Schadstoffen wie Tabakrauch können nach einer Studie unter anderem auch Insektizide und Fungizide (Anti-Pilzmittel) eine rheumatoide Arthritis fördern. Rauchen und eine genetische Veranlagung erhöhen das Risiko durch weitere Schadstoffe deutlich.4, 5
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Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs): Das Risiko eine rheumatoide Arthritis zu entwickeln, wird nach einer im Jahr 2023 veröffentlichen Studie ebenfalls durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs) erhöht. PAKs sind unter anderem in Tabakrauch enthalten und werden maßgeblich für den gelenkschädigenden Effekt des Rauchens verantwortlich gemacht.6 Generell entstehen PAKs bei der unvollständigen Verbrennung von fossilen Brennstoffen wie Holz, Kohle und Öl. Die Bildung von PAKs steigt an, je niedriger die Verbrennungstemperatur ist und je weniger Sauerstoff für die Verbrennung zur Verfügung steht.7 Neben Tabakrauch gehören mit Festbrennstoffen (z. B. Holz, Kohle) betriebene Kleinfeuerungsanlagen wie Kamine und Kaminöfen zu den Hauptemissionsquellen für PAKs. PAKs werden aber beispielsweise auch durch Autoabgase und beim Grillen freigesetzt. Die Schadstoffe sind schwer abbaubar und gelten neben der genannten gelenkschädigenden Wirkung unter anderem als krebserregend.8
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Feinstaub: Eine erhöhte Aufnahme von Feinstaub über die Atemwege kann Autoimmunerkrankungen wie eine rheumatoide Arthritis auslösen bzw. fördern. Feinstaub wird nach der Größe der Partikel in Gruppen eingeteilt. So sind beispielsweise Feinstaubpartikel der Gruppe PM 10 kleiner als zehn Mikrometer und die Partikel der Gruppe PM 2,5 haben eine Größe von weniger als 2,5 Mikrometer. Eine Risikoerhöhung für die Entwicklung einer rheumatoiden Arthritis zeigte sich unter anderem in einer Studie aus dem Jahr 2021 für eine erhöhte Belastung mit PM-10-Partikeln. Noch kleinere PM-2,5-Partikel erhöhten außerdem das Risiko für weitere Autoimmunerkrankungen wie chronisch-entzündliche Darmerkrankungen sowie Bindegewebserkrankungen.9 Feinstaub kann unter anderem mit belasteter Außenluft (z. B. Nähe stark befahrene Straßen) in Innenräume eindringen. Zu den Feinstaubquellen in Wohnung und Haus zählen beispielsweise Tabakrauch, Kerzen, Staubsauger ohne Feinstaubfilter, Kochen und Braten sowie einige Bürogeräte (z. B. Tonerstaub). Eine teilweise sehr hohe Feinstaubfreisetzung erfolgt mitunter ebenso durch offene Kamine und Kaminöfen.10, 11
Über unseren Onlineshop können Sie neben vielen weiteren Tests ebenso verschiedenste Luftanalysen bestellen. Einige unserer Luftanalysen beinhalten auch potenzielle Auslöser von Gelenkschmerzen. So deckt unter anderem die sehr umfangreiche Luftanalyse Wohnraum Komplett das Holzschutzmittel PCP, einige PAKs sowie das Insektizid Permethrin ab. Da Altbauen oft besonders stark mit beispielsweise Holzschutzmitteln belastet sind, bietet sich für diese die Luftanalyse AltbauKomplett an. Wie in diesem Ratgeber beschrieben, kann Feinstaub zur Entstehung von Gelenkbeschwerden beitragen. Ein Bestandteil des Feinstaubs sind Schimmelpilzsporen („Samen“ des Schimmels). Erhöhte Werte von Schimmelpilzsporen erkennt unser Schimmeltest Raumluft. Dieser Test ist auch für Schimmelpilzallergiker zu empfehlen.
Die Probenahme für unsere Tests nehmen Sie mit der in den Testkits enthaltenen Anleitung ganz einfach selbst vor. Nach Einsendung der Probe erfolgt die Analyse in unserem Partnerlabor. Das Testergebnis ist dann nach kurzer Zeit für Sie im persönlichen Bereich von My.Checknatura.de abrufbar.
In einer schwedischen Studie aus dem Jahr 2022 konnte gezeigt werden, dass bestimmte Kontaktallergene systemische Reaktionen wie Gelenkschmerzen auslösen können. Im Vergleich zur Kontrollgruppe war dies bei den Vorerkrankungen Dermatitis (Entzündung der obersten Hautschichten) und Fibromyalgie (chronische Schmerzerkrankung) deutlich häufiger der Fall. Als Allergene wurden in der Studie Nickel, der Duftstoff Myroxylon (Perubalsam) und eine Duftstoffmischung verwendet. Perubalsam kann unter anderem in Kosmetika wie Zahncremes, Lippenstiften, Rasiercremes, Shampoos und Seife enthalten sein. Weitere Einsatzgebiete des Duft- und Aromastoffs sind beispielsweise Putzmittel, Salben, Tabak und Nahrungsmittel. Die INCI-Bezeichnung (Angabe der enthaltenen Inhaltsstoffe auf Kosmetikprodukten) für Perubalsam lautet „Myroxylon pereirae“.12, 13, 14
1Vgl.: Deutsche Familienversicherung: Gelenkschmerzen: Ursachen, Symptome & Behandlung. 2019.
2Vgl.: Orthopädische Gelenk-Klinik, MVZ-Klinik, Grundelfingen: Gelenkschmerzen: Ursachen, Therapie, Selbsthilfe & Ernährung. 2024.
3Vgl.: Stadt Köln: Innenraumschadstoffe. 2024.
4Vgl.: Deutsche Rheuma-Liga: Rheumatoide Arthritis. 2022.
5Vgl.: Medical Tribune: Luftschadstoffe begünstigen die rheumatoide Arthritis. 2023.
6Vgl.: Medical Tribune: Rheuma durch Umweltgifte. 2023.
7Vgl.: Umweltbundesamt: Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe Umweltschädlich! Giftig! Unvermeidbar? 2016.
8Vgl.: Umweltbundesamt: PAK-Messungen an Kaminöfen. 2021.
9Vgl.: Pharmazeutische Zeitung: Luftverschmutzung als Rheumatrigger. 2022.
10Vgl.: Deutsche Herzstiftung: Feinstaub: unterschätztes Risiko für Herz und Gefäße. 2019.
11Vgl.: Umweltbundesamt: Feinstaub in Innenräumen. 2017.
12Vgl.: Medical Tribune: Schmerz- und Dermatitispatientinnen reagieren signifikant häufiger auf Nickel und Duftstoffe. 2022.
13Vgl.: Deutscher Allergie- und Asthmabund: Duftstoffe und Metallallergene, Ursache von Gelenkbeschwerden. 2022.
14Vgl.: Wiley Online Library: Increased rates of fragrance allergy in fibromyalgia individuals tested with the Swedish baseline patch test series. 2022.