Gefahrstoffverordnung Asbest – Regeln, Neuerungen, Relevanz für die Praxis
Seit Oktober 1993 ist es in Deutschland unter anderem verboten, asbesthaltige Produkte herzustellen oder zu verwenden. Die neue Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) vom 5. Dezember 2024 enthält neben Vorschriften zu anderen Gefahrstoffen auch zahlreiche Regeln zum Umgang mit Asbest. Gelangen dessen Fasern in die Atemwege, können diese verschiedene Krebserkrankungen sowie eine Asbestose auslösen. Wie sind die Verordnungen der neuen GefStoffV in Bezug auf Asbest genau ausgestaltet und worin bestehen die Neuerungen im Vergleich zu älteren Fassungen der GefStoffV? Welche Relevanz haben die Neuerungen für Privatpersonen und Unternehmen? Unser Ratgeber liefert die Antworten und viele weitere Infos zum Thema „Gefahrstoffverordnung und Asbest”. (Stand Oktober 2025).
Inhalt
Was ist die Gefahrstoffverordnung genau?
Die Gefahrstoffverordnung (Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen, GefStoffV) ist eine deutsche Verordnung, welche den Umgang mit gefährlichen Stoffen wie Asbest systematisch regelt, um Beschäftigte, Verbraucher und Umwelt vor stoffbedingten Schäden zu schützen. Die Verordnung legt Pflichten zur Gefährdungsbeurteilung, Einstufung, Kennzeichnung und Schutzmaßnahmen fest. Die letzte Novellierung der Gefahrstoffverordnung trat am 5. Dezember 2024 in Kraft.
Asbest-Gefährdungsvermeidung als Teil der Gefahrstoffverordnung
Die neue Gefahrstoffverordnung umfasst insgesamt 77 Seiten. Relevant für den Umgang mit Asbest sind unter anderem die folgenden Paragraphen der Verordnung:1
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§ 2 GefStoffV: „Begriffsbestimmungen” (§ 2 (4a, 4b, 4c).
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§ 5a GefStoffV: „Besondere Mitwirkungs- und Informationspflichten für Veranlasser von Tätigkeiten an baulichen oder technischen Anlagen”.
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§ 10a GefStoffV: „Besondere Aufzeichnungs-, Mitteilungs- und Unterrichtungspflichten bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden, keimzellmutagenen oder reproduktionstoxischen Gefahrstoffen der Kategorie 1A oder 1B”.
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§ 11 GefStoffV: „Verwendungs- und Tätigkeitsbeschränkungen für Asbest“.
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§ 11a GefStoffV: „Anforderungen an Tätigkeiten mit Asbest“
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Weitere grundlegende Vorschriften: § 6 „Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung”.
Novellierte Gefahrstoffverordnung und Asbest – einzelne relevante Neuregelungen
Unter anderem enthält die neue Gefahrstoffverordnung die folgenden neu aufgenommen Regelungen:1, 2, 3, 4, 5
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Bei bestehenden Gebäuden („bauen im Bestand“) gibt es häufig asbesthaltige Baustoffe wie Putze, Spachtelmassen oder Fliesenkleber. Bisher waren einige Tätigkeiten mit diesen Baustoffen nicht klar geregelt. Dies konnte unter anderem das Gesundheitsrisiko bei Sanierungsarbeiten erhöhen. Die Novellierung der Gefahrstoffverordnung enthält hier jetzt klare Regelungen.
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Das bislang in der Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS 910) enthaltene risikoorientierte Maßnahmenmodell („Ampel-Modell”) wurde in der Aktualisierung gesetzlich verankert. Dies erleichtert die Identifizierung von Risiken sowie die Ausgestaltung von Schutzmaßnahmen. Dabei definiert das Ampel-Modell „grün” als geringes Risiko (Asbest-Faserstaubbelastung < 10.000 Fasern/m³), „gelb” als mittleres Risiko (Asbest-Faserstaubbelastung < 100.000 Fasern/m³) sowie „rot” als hohes Risiko (Asbest-Faserstaubbelastung > 100.000 Fasern/m³).
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Auftraggeber wie Bauherren werden stärker in die Pflicht genommen, Informationen über mögliche Asbestbelastungen an zum Beispiel Bau- und Sanierungsunternehmen vor Beginn der Arbeiten weiterzuleiten. Dies erhöht unter anderem den Gesundheitsschutz der Beschäftigten.
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Es wurden neue Regeln zum Überdeckungs- bzw. Überbauungsverbot asbesthaltiger Bauteile wie Asbestzementdächern und asbesthaltigen Verkleidungen eingeführt (§11 Absatz 3).
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Bei Gebäuden, die vor dem Asbestverbot am 31.10.1993 errichtet wurden, besteht nach der Neufassung der Verordnung grundsätzlich ein Asbestverdacht.
Gefahrstoffverordnung Asbest – relevante Vorschriften und Pflichten für Privatpersonen
Für Privatpersonen wie Hauseigentümer oder Vermieter sind unter anderem die folgenden Vorschriften der GefStoffV relevant und führen zu den folgenden Pflichten:
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Grundsätzlicher Asbestverdacht bei älteren Gebäuden: Wie bereits erwähnt, besteht nach der neuen GefStoffV für vor dem 31.10.1993 errichtete Gebäude ein grundsätzlicher Asbestverdacht. Dieser hat in einigen Fällen Auswirkungen auf weitere Vorschriften der GefStoffV (u. a. siehe nächster Punkt).
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Informationspflicht: Wenn Sie als „Veranlasser“ von Tätigkeiten an baulichen oder technischen Anlagen gelten (z. B. Hauseigentümer, der Handwerker beauftragt), greifen die Informations- und Mitwirkungspflichten aus § 5a GefStoffV. Sie müssen dem ausführenden Unternehmen alle Ihnen vorliegenden Informationen zur Bau- oder Nutzungsgeschichte, zu vorhandenen oder vermuteten Gefahrstoffen (z. B. Asbest) schriftlich oder elektronisch zur Verfügung stellen.1
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Erkundungspflicht: Fehlen genaue Informationen über möglicherweise asbesthaltige Materialien im Gebäude, muss eine Asbesterkundung von dem Bau- oder Sanierungsunternehmen durchgeführt werden. Diese Pflicht besteht grundsätzlich für alle Gebäude, die vor 1993 gebaut wurden.6 Weitere Informationen zur Asbest-Erkundungspflicht erhalten Sie hier: „Asbest Prüfzwang? – Diese Regeln sollten Sie kennen!”
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Zulässige Tätigkeiten: Bei zulässigen Tätigkeiten mit asbesthaltigen Materialien (z. B. bei geringem Risiko) gilt: Auch Privatpersonen müssen dafür sorgen, dass die Entstehung, Freisetzung und Ausbreitung von Asbestfasern bzw. asbestfaserhaltigem Staub so weit wie möglich verhindert oder zumindest minimiert wird (§ 11 Absatz 7 GefStoffV).1
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Überdeckungsverbot: Viele asbesthaltige Materialien (z. B. Asbestzement-Dächer, bestimmte Bodenbeläge) dürfen nicht überdeckt oder beschichtet werden.1, 2 Wie Sie Asbest grundsätzlich erkennen können, erfahren Sie hier: „Was ist Asbest und wie sieht er aus? Wir zeigen Ihnen, wie Sie Asbest erkennen!”
Welche Asbest-Normen der GefStoffV gelten für Firmen, die mit Asbest arbeiten?
Für Unternehmen und Fachbetriebe gelten teilweise erweiterte bzw. spezifische Anforderungen im Umgang mit Asbest. Zu diesen zählen unter anderem:
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Die GefStoffV ist eine der wichtigsten Rechtsgrundlagen im Umgang mit Asbest.
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Die TRGS 519 „Asbest – Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten“ bleibt zentrale technische Regel für die notwendigen Schutzmaßnahmen im Umgang mit Asbest. Diese wird jedoch an das neue Risikokonzept (Ampel-Modell: niedrig, mittel, hoch) der GefStoffV angepasst. Genaue Informationen dazu liefert die TRGS 519 im Anhang 9.7
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In der neuen GefStoffV bestehen mit einer Übergangsfrist bis zum 5. Dezember 2027 neue Anforderungen an die Sachkunde. Diese muss in einem behördlich anerkannten Lehrgang erworben werden, dessen geforderte Lehrinhalte sich nach den auszuführenden Tätigkeiten richten. Für Tätigkeiten mit niedrigem bis mittlerem Risiko muss mindestens eine Sachkunde nach Anlage 4C der TRGS 519 nachgewiesen werden.7
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Der Arbeitgeber muss im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung unter anderem prüfen, ob Beschäftigte bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen in Kontakt kommen könnten. Sind dazu vorliegende Informationen (z. B. des Bauherren) nicht ausreichend, muss eine technische Erkundung durchgeführt werden.6
Schon gewusst?
Haben Sie ein Dach aus asbesthaltigen Eternit-Wellplatten, dürfen Sie dieses unter anderem nicht mit einem Hochdruckreiniger reinigen (gesetzliches Verbot). Bei dieser Art der Reinigung könnte es zu einer hohen Freisetzung gesundheitsgefährdender Asbestfasern kommen.8 Wie Sie asbesthaltige Materialien auf dem Dach erkennen, erfahren Sie in unserem Ratgeber „Asbest im Dach - So erkennen Sie ihn!”.
Ist Asbest im Gebäude vorhanden? Sicherer Nachweis mit Asbesttest
Asbest sowie asbesthaltige Baustoffe und Produkte können rein optisch nicht sicher erkannt werden. Oft fehlen auch Prägestempel und Herstellungsdatum, die asbestfreie Produkte kennzeichnen bzw. deren Identifizierung ermöglichen. Mit einem unserer Asbesttests kann Asbest in unterschiedlichen Materialien allerdings sicher identifiziert werden:
Die Probenentnahme für die Asbesttests können Sie mit Hilfe der beiliegenden Anleitung und unter Beachtung der Sicherheitsanweisungen selbst vornehmen. Anschließend senden Sie die Materialprobe per Post einfach an unser spezialisiertes Partnerlabor. Nach kurzer Zeit steht das Ergebnis der Asbest-Beprobung für Sie über das Online-Portal MyChecknatura zum Abruf bereit.
Bitte beachten: Bei unseren Asbesttests handelt es sich um Selbsttests, die zum Beispiel bei Rechtsstreitigkeiten nicht uneingeschränkt als „Beweismittel“ verwendbar sind. Grund hierfür ist nicht zuletzt die fehlende Probenahme durch eine unabhängige Fachperson. Unsere Analytik richtet sich nach wissenschaftlichen Standards, auf die Sie sich verlassen können. So empfehlen wir selbst bei drohenden Rechtsstreitigkeiten, zuerst eine unserer Laboranalysen durchzuführen, um Klarheit über das Vorhandensein von Asbest zu erlangen. Hiernach helfen wir Ihnen gerne mit einer geschulten Probenehmerin oder einem Probenehmer weiter. Kontaktieren Sie uns.
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FAQs – Gefahrstoffverordnung Asbest
Gilt die Gefahrstoffverordnung auch für Privatpersonen?
Ja, einige Paragraphen und Verordnungen der Gefahrstoffverordnung gelten auch für Privatpersonen.
Welche Asbest-Tätigkeiten dürfen von Privatpersonen durchgeführt werden?
Privatpersonen dürfen nur Asbest-Tätigkeiten mit geringem Risiko ausführen, bei denen keine Asbestfasern freigesetzt werden. Dazu gehört unter anderem die Entfernung von unbeschädigten asbesthaltigen Materialien, in denen Asbest fest gebunden ist. Tätigkeiten mit potenziell hoher Faserfreisetzung wie zum Beispiel Abbruch- und Schleifarbeiten dürfen nur von Fachbetrieben mit vorliegender Zulassung für diese Arbeiten ausgeführt werden.9
Muss ich als Hauseigentümer sofort eine Asbestsanierung durchführen, wenn mein Gebäude vor 1993 errichtet wurde?
Nein, dies ist nicht notwendig, wenn keine gesundheitsgefährdenden Konzentrationen von Asbest aus zum Beispiel schwach gebundenem Asbest wie Spritzasbest freigesetzt werden. Möchten Sie jedoch Bau-, Sanierungs- oder Renovierungsarbeiten in dem Gebäude durchführen lassen, müssen Sie als „Veranlasser” die Ihnen vorliegenden Informationen zur Bau- und Nutzungshistorie dem ausführenden Handwerksbetrieb vor Beginn der Arbeiten zur Verfügung stellen (§ 5a GefStoffV).1
Was ist ein Gefahrstoffverzeichnis?
Nach § 6 Abs. 12 der Gefahrstoffverordnung besteht für jeden Arbeitgeber die Pflicht, ein Gefahrstoffverzeichnis aller im Unternehmen vorkommender Gefahrstoffe zu führen.10
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1Vgl.: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Gefahrstoffverordnung. 2025.
2Vgl.: Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft: Neue Gefahrstoffverordnung 2024. 2025.
3Vgl.: Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau: Änderung der Gefahrstoffverordnung: Asbest wirkt sich weiterhin aus. 2025.
4Vgl.: Buzer.de, Bundesrecht – tagesaktuell konsolidiert: Synopse aller Änderungen der GefStoffV am 05.12.2024. 2024.
5Vgl.: Handwerksblatt: Die neue Gefahrstoffverordnung: Was sich ändert. 2025.
6Vgl.: Verband Wohneigentum: Sanierung älterer Häuser: neue Regeln zu Asbest. 2025.
7Vgl.: Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft: Asbest beim Bauen im Bestand. 2025.
8Vgl.: Etex Germany Exteriors GmbH: Mooswachstum auf Dächern bekämpfen. 2025.
9Vgl.: Landratsamt Main-Tauber-Kreis: Entsorgung von Asbest und asbesthaltigen Abfällen. 2025.
10Vgl.: Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe: Chemikalien und Gefahrstoffe – Gefahrstoffverzeichnis. 2025.