Magnesiaestrich mit Asbest – ein gefährlicher Bodenbelag in Altbauten?
In älteren Gebäuden kann Magnesiaestrich verlegt sein. Dieser Bodenbelag enthält mitunter gesundheitsgefährdendes Asbest als Füllstoff. In diesem Ratgeber erfahren Sie unter anderem, was Magnesiaestrich ist und welche Gesundheitsgefahren von diesem ausgehen. Außerdem erhalten Sie Infos und Tipps zur Erkennung sowie der vorschriftsmäßigen Entfernung und Entsorgung asbesthaltigen Magnesiaestrichs. (Stand November 2025).
Inhalt
Was ist Magnesiaestrich? Warum wurde diesem Asbest beigemischt?
Magnesiaestrich, auch als Magnesitestrich, Steinholz oder Steinholzestrich bezeichnet, ist ein fugenloser Estrich, der aus einer Mischung von Magnesiumoxid, Sorelzement (spezieller Säure-Base-Zement) sowie diversen mineralischen und organischen Zuschlags-Fasern und Füllstoffen besteht. Bis in die 1970er Jahre und teilweise darüber hinaus, wurde auch Asbest verstärkt als Füllstoff verwendet, da diese mineralische Faser die Abriebwerte des Bodenbelags erhöhte und das Risiko von Absetzungen während der Verarbeitung minderte.1 Der Asbestanteil in Magnesiaestrich kann in alten Bodenbelägen zwischen 0,5 und 7 % liegen.2
Wo wurde Magnesiaestrich verwendet?
Magnesiaestrich wurde und wird (ohne Asbest) unter anderem wegen seiner Druckfestigkeit und feuchtigkeitsausgleichenden Eigenschaften als Industrieboden und als Bodenbelag in Wohngebäuden verwendet. Ganz allgemein kam der Estrich meistens in Räumen bzw. Bereichen zum Einsatz, in denen der Bodenbelag sehr starker Beanspruchung ausgesetzt war. Dazu zählen zum Beispiel Eingangsbereiche, Treppenhäuser, Flure, Küchen sowie Werk- und Produktionsstätten in Handwerks- und Industriebetrieben.1
In welchen Bodenbelägen noch Asbest enthalten sein kann und wie Sie diese erkennen, erfahren Sie in unserem Ratgeber „Asbest im Boden – So erkennen Sie die Gefahr!”.
Bis wann wurde asbesthaltiger Magnesiaestrich verlegt?
Asbesthaltiger Magnesiaestrich wurde von etwa 1950 bis in die 1970er-Jahre hinein relativ häufig verlegt und verbaut.1 In späteren Jahren nahm die Verwendung von Asbest als Füllstoff stetig ab. Es kann jedoch bis zu dem Asbestverbot im Oktober 1993 noch Asbest in Magnesiaestrich beigemischt worden sein.
Welche Gesundheitsgefahren gehen generell von Asbest-Estrich aus?
Bei Arbeiten an oder mit asbesthaltigen Baustoffen wie Bodenbelägen (z. B. Abbruch- oder Sanierungsarbeiten) können feine Asbestfasern in die Umgebung freigesetzt werden. Gelangen diese Fasern in die Atemwege, besteht die Gefahr, dass sich nach oft jahrzehntelanger Latenzzeit (der Zeitraum zwischen dem Kontakt mit dem Schadstoff und dem Auftreten erster Krankheitszeichen) schwere Erkrankungen entwickeln. Dazu zählen unter anderem diverse Krebserkrankungen der Lunge und angrenzender Gewebe. Außerdem kann es zur Ausbildung einer Asbestose mit einer fortschreitenden Vernarbung des Lungengewebes kommen.3 Vertiefende Informationen zu den gesundheitlichen Gefahren von Asbest finden Sie in unserem Ratgeber:„Wie gefährlich ist Asbest? Symptome, Risiken und Behandlung“.
Wichtig zu wissen: Asbesthaltiger Magnesiaestrich wird grundsätzlich als fest gebundenes Asbestprodukt eingestuft.4 Von diesen gehen in der Regel relativ geringe Gesundheitsgefahren aus. Dies gilt allerdings nur, wenn der Estrich nicht zum Beispiel durch mechanische Beanspruchung, Verwitterung oder mechanische Tätigkeiten (siehe nächster Absatz) beschädigt ist oder wird.
Bei welchen Tätigkeiten drohen besondere Gesundheitsrisiken durch Asbest in Magnesiaestrich?
Bei den nachfolgenden Tätigkeiten an asbesthaltigem Estrich setzen Sie sich besonderen Gesundheitsrisiken aus:5
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schleifen und fräsen (z. B. Glättung der Fußbodenoberfläche)
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bohren
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Abbruch- und Sanierungsarbeiten, Entfernung von asbesthaltigem Magnesiaestrich
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schneiden und sägen
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unsachgemäße Reinigungsarbeiten (z. B. Hochdruckreiniger)
Wie kann man Asbest im Estrich erkennen?
Asbesthaltiger Magnesiaestrich kann rein optisch nicht sicher erkannt werden. Die Frage „Wie sieht Asbest-Estrich aus?” lässt sich also nicht eindeutig beantworten. Dies liegt unter anderem daran, dass Magnesiaestriche in verschiedensten Farbtönen hergestellt wurden.1 Weiterhin enthielt der Estrich Asbestfasern nur in relativ kleinen Mengen, sodass deren Faserstruktur in dem Bodenbelag nicht mehr erkennbar ist bzw. von den anderen Bestandteilen des Belags verdeckt wird.2 Generell können Sie davon ausgehen, dass nach dem Asbestverbot im Oktober 1993 hergestellter Estrich frei von Asbest ist.
Theoretisch kann asbesthaltiger Magnesiaestrich auch durch die folgenden Kennzeichnungen und Prägestempel ausgeschlossen werden, welche für asbestfreie Produkte stehen:6
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NT (neue Technologie)
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AF (asbestfrei)
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DIN EN 588
Gerade bei Bodenbelägen sind Kennzeichnungen oder Prägestempel jedoch oft nicht sichtbar bzw. waren nie vorhanden. Weiterhin kann auch über die Eingabemaske des Fraunhofer Informationszentrums für Raum und Bau recherchiert werden, ob das entsprechende Produkt Asbest enthält. Die Datenbank enthält allerdings nur Informationen zu Produkten, die ab 1968 hergestellt wurden.6 Hier treten allerdings oft ähnliche praktische Schwierigkeiten wie bei den Kennzeichnungen und Prägestempeln auf, da entsprechende Produktbezeichnungen bzw. Rechnungen, Lieferscheine etc. oft nicht mehr vorhanden sind oder für den Estrich gar nicht ausgehändigt wurden. Sicherheit kann deshalb nur ein Asbesttest des Estrichs geben.
Wie Sie Asbest ganz allgemein erkennen können, erfahren Sie hier: „Was ist Asbest? Wir zeigen Ihnen, wie Sie Asbest erkennen!
Muss man asbesthaltigen Magnesiaestrich entfernen?
Obwohl die Verwendung von Asbest in Deutschland seit Oktober 1993 verboten ist, besteht keine generelle Pflicht, intakten, asbesthaltigen Magnesiaestrich zu entfernen. Eine Sanierung ist nur dann zwingend erforderlich, wenn der Estrich beschädigt ist oder wird und dadurch eine erhöhte Faserfreisetzung droht.5
Wer darf asbesthaltigen Magnesiaestrich entfernen?
Tätigkeiten wie Abbruch- oder Sanierungsarbeiten bei asbesthaltigen Materialien sind in Deutschland streng durch die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) und die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS 519) reguliert. Wegen der hohen Gesundheitsgefahren dürfen entsprechende Arbeiten nur von zertifizierten Fachbetrieben durchgeführt werden, die über eine entsprechende Zulassung und einen Sachkundenachweis nach TRGS 519 verfügen. Bei den Arbeiten müssen teilweise besondere Schutzmaßnahmen wie Absperrungen (mit Erzeugung von Unterdruck), Staubvermeidung, Atemschutz etc. eingehalten werden. Die eigenständige Entfernung von asbesthaltigem Estrich durch Privatpersonen ohne Sachkundenachweise und entsprechende Schutzausrüstung ist verboten!7, 8
Weitere Informationen zu dem erforderlichen Arbeitsschutz beim Umgang mit Asbest erhalten Sie in unserem Ratgeber „Asbest: Schutzkleidung und Atemschutz – was wird benötigt?”.
Wie wird asbesthaltiger Magnesiaestrich vorschriftsmäßig entsorgt?
Asbesthaltige Materialien dürfen auf keinen Fall einfach über den Hausmüll oder als normaler Bauschutt entsorgt werden! Entsprechende Materialien gelten als „Sonderabfall”, dessen Entsorgung unter anderem den folgenden Vorschriften unterliegt:9
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Verpackung: Die Abfälle müssen zur Verhinderung der Faserfreisetzung sicher verpackt werden. Dies erfolgt üblicherweise in speziellen Big Bags oder verschließbaren Containern.
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Deponierung: Die Entsorgung erfolgt auf speziellen Sondermülldeponien oder über zugelassene Wertstoffhöfe und Entsorgungsbetriebe.
Wer darf Magnesiaestrich entsorgen?
Privatpersonen dürfen schwach gebundene Asbestprodukte bzw. Asbestabfälle nur selbst entsorgen, wenn diese nach den Vorschriften der TRGS 519 verpackt sind. Wurde Magnesiaestrich zum Beispiel abgeschliffen, gesägt etc., erfüllen die Abfälle meistens das Kriterium „schwach gebundener Asbest”, obwohl intakter, asbesthaltiger Magnesiaestrich als Produkt mit fest gebundenem Asbest eingestuft wird. Da die Vorschriften für die Verpackung und Entsorgung von schwach gebundenem Asbest komplex und für Privatpersonen oft schwer umzusetzen sind, sollte diese besser durch entsprechend zertifizierte Fachbetriebe erfolgen. Ist der Magnesiaestrich dagegen noch intakt und der Asbest darin fest gebunden, kann eine Entsorgung auch durch Privatpersonen unter Beachtung geringerer Sicherheitsauflagen erfolgen. In der Praxis ist entfernter Estrich jedoch in der Regel nicht mehr „intakt” und die Entsorgung sollte einem Fachbetrieb überlassen werden. Dies gilt natürlich ebenso aus Gründen des Gesundheitsschutzes.9, 10
Erkundungs- und Informationspflicht bei Verdacht auf asbesthaltige Materialien
Fehlen genaue Informationen über möglicherweise asbesthaltige Materialien in einem Gebäude, muss eine Asbesterkundung vor Beginn jeglicher Arbeiten von dem ausführenden Bau- oder Sanierungsunternehmen durchgeführt werden. Diese Pflicht besteht grundsätzlich für alle Gebäude, die vor 1993 gebaut wurden.8, 11 Weitere Informationen zur Asbest-Erkundungspflicht erhalten Sie hier: „Asbest Prüfzwang? – Diese Regeln sollten Sie kennen!”
Wenn Sie als „Veranlasser“ von Tätigkeiten an baulichen oder technischen Anlagen gelten (z. B. Hauseigentümer, der Handwerker beauftragt), greifen ebenso die Informations- und Mitwirkungspflichten aus § 5a GefStoffV. Sie müssen dem ausführenden Unternehmen alle Ihnen vorliegenden Informationen zur Bau- oder Nutzungsgeschichte sowie zu vorhandenen oder vermuteten Gefahrstoffen (z. B. Asbest) schriftlich oder elektronisch zur Verfügung stellen.8, 11
Kurz-Checkliste: Vorgehen bei Verdacht auf asbesthaltigen Magnesiaestrich
Übergeordnete Prämisse: Die Einhaltung der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) und der TRGS 519 ist zwingend erforderlich.
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1. Verdacht auf asbesthaltigen Estrich: Keine mechanische Bearbeitung wie Bohr-, Schleif- oder Stemmarbeiten ausführen. Staubfreisetzung generell vermeiden und Bereich möglichst wenig nutzen und betreten.
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2. Sachverständigen einschalten: Kontaktieren Sie einen Sachverständigen mit entsprechender Asbest-Sachkunde. Dieser entscheidet unter anderem über eine Asbest-Probennahme, Schutzmaßnahmen und weitere Maßnahmen.
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3. Asbesttest: Eventuell Asbesttest durchführen oder durchführen lassen. Dabei unbedingt die geforderten Schutzmaßnahmen beachten! Auf Wunsch vermitteln wir Ihnen gern einen geschulten Probenehmer für die Probenahme.
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4. Ergebnis des Asbesttests bewerten: Wurde Asbest in der Probe nachgewiesen, sollten Sie mit Hilfe eines Sachverständigen entscheiden, ob Sie den Bodenbelag im Raum belassen oder diesen von einem Fachbetrieb entfernen lassen. Wurde kein Asbest nachgewiesen, können Sie frei über den Verbleib des Bodenbelags oder Sanierungsmaßnahmen entscheiden.
Ist Magnesiaestrich mit Asbest belastet? Ein Asbesttest verschafft Gewissheit
Asbest sowie asbesthaltige Baustoffe und Produkte können, wie bereits erwähnt, rein optisch nicht sicher erkannt werden. Im Fall von Estrich sind meistens auch keine Prägestempel oder Lieferscheine vorhanden, mit denen asbestfreie Produkte sicher ausgeschlossen werden könnten. Mit einem unserer Asbesttests kann Asbest in unterschiedlichen Materialien allerdings sicher identifiziert werden:
Die Probenentnahme für die Asbesttests können Sie mit Hilfe der beiliegenden Anleitung und unter Beachtung der Sicherheitsanweisungen selbst vornehmen. Anschließend senden Sie die Materialprobe per Post einfach an unser spezialisiertes Partnerlabor. Nach kurzer Zeit steht das Testergebnis für Sie über Ihren persönlichen Bereich des Online-Portals MyChecknatura zum Abruf bereit.
Bitte beachten: Bei unseren Asbesttests handelt es sich um Selbsttests, die zum Beispiel bei Rechtsstreitigkeiten nicht uneingeschränkt als „Beweismittel“ verwendbar sind. Grund hierfür ist nicht zuletzt die fehlende Probenahme durch eine unabhängige Fachperson. Unsere Analytik richtet sich nach wissenschaftlichen Standards, auf die Sie sich verlassen können. So empfehlen wir selbst bei drohenden Rechtsstreitigkeiten, zuerst eine unserer Laboranalysen durchzuführen, um Klarheit über das Vorhandensein von Asbest zu erlangen. Hiernach helfen wir Ihnen gerne mit einer geschulten Probenehmerin oder einem Probenehmer weiter. Kontaktieren Sie uns.
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FAQs – asbesthaltiger Magnesiaestrich
Muss ich Magnesiaestrich entfernen, wenn er Asbest enthält?
Nein, solange der Estrich intakt und unbeschädigt ist, besteht keine generelle Sanierungspflicht. Erst bei Beschädigung oder geplanten Baumaßnahmen, die den Estrich betreffen, muss gehandelt werden.
Wie kann ich Asbest im Estrich erkennen?
Eine rein optische Erkennung von asbesthaltigem Estrich ist nicht möglich. Nur ein Asbesttest mit anschließender Laboranalyse liefert Gewissheit.
Darf ich Magnesiaestrich selbst entfernen oder entsorgen?
Die Entfernung von asbesthaltigen Materialien mit dem Risiko einer hohen Faserfreisetzung ist aufgrund des hohen Gesundheitsrisikos und der komplexen Sicherheitsvorschriften (z. B. TRGS 519) nur zertifizierten Fachunternehmen gestattet. Das eigenmächtige Entfernen durch ungeschulte Privatpersonen ist verboten. Die Entsorgung von asbesthaltigem Magnesiaestrich sollte wegen der komplexen Vorschriften und der hohen Gesundheitsgefahren ebenfalls Fachbetrieben überlassen werden.
Das könnte Sie ebenfalls interessieren:
1Vgl.: Materialarchiv Schweiz: Magnesiaestrich. 2014.
2Vgl.: Regierung von Niederbayern (abgerufen über Ingenieurgemeinschaft für Umwelttechnologien): Merkblatt Entfernung asbesthaltiger Magnesia-Estriche. 2006.
3Vgl.: Krebsinformationsdienst, Deutsches Krebsforschungszentrum: Asbest: Krebsrisiko noch auf lange Zeit? 2023.
4Vgl.: Ingenieurgemeinschaft für Umwelttechnologien: Asbesthaltiger Magnesiaestrich. 2025.
5Vgl.: Umweltbundesamt: Asbest. 2024.
6Vgl.: Verbraucherzentrale: Asbest: gefährlich und immer noch aktuell. 2025.
7Vgl.: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS 519). 2025.
8Vgl.: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Gefahrstoffverordnung. 2025.
9Vgl.: Landratsamt Meißen: Informationen zu Asbest. 2022.
10Kärcher GmbH: Asbest entfernen: Sicherheitsmaßnahmen in der Baubranche. 2025.
11Vgl.: Verband Wohneigentum: Sanierung älterer Häuser: neue Regeln zu Asbest. 2025.