
Biofilm im Darm: Ursachen & Folgen, Symptome & Diagnostik, Behandlungsmöglichkeiten
Ein Biofilm im Darm kann unter anderem Erkrankungen wie Colitis ulcerosa und das Reizdarmsyndrom begünstigen. Woraus bestehen Biofilme im Darm und wie kommt es zu deren Bildung? Welche gesundheitlichen Risiken können sich aus Biofilmen ergeben? Gibt es sichere Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten? Die Antworten und viele weitere Infos zum Thema „Darm und Biofilm“ liefert Ihnen unser leicht verständlicher Praxis-Ratgeber. (Stand Dezember 2024).
Inhalt

Biofilm im Darm – was ist das?
Als Biofilm (Synonyme: Kahmhaut, Aufwuchs) werden generell Schleimschichten aus Zuckern und Proteinen bezeichnet, die von Mikroorganismen gebildet werden. Dabei sind diese selbst in die Schleimschicht eingebettet. Zu den Biofilm bildenden Mikroorganismen zählen Bakterien, Pilze, Viren und Protozoen (Einzeller), die gemeinsam in dem Film vorkommen können. Die „Bewohner“ von Biofilmen kommunizieren teilweise über chemische Signale miteinander. Diese „Quorum sensing“ genannte Kommunikation ermöglicht zum Beispiel im Fall von Bakterien die Ausbildung großer Kolonien. Im menschlichen Darm lagern sich diese Kolonien an der Darmschleimhaut an. Zu den Erregern in Biofilmen mit medizinischer Relevanz zählen unter anderem Staphylokokken, Pseudomonaden und Streptokokken.1, 2, 3 Eine Untersuchung der Medizinischen Universität Wien zeigte, dass im Darm von Patienten mit Reizdarmsyndrom und Colitis ulcerosa überdurchschnittlich oft Biofilme mit verstärkter Besiedlung durch die Erreger E. coli und Ruminococcus gnavus vorlagen.4

Welche Ursachen haben Biofilme im Darm?
Die möglichen Ursachen für Biofilme im Darm sind überaus vielschichtig. Ebenso wird die genaue Definition von Darmbiofilmen nicht immer einheitlich gehandhabt. Grundsätzlich ist der Darm des Menschen von einer sehr großen Anzahl verschiedenster Mikroorganismen besiedelt. Den Hauptanteil dieses Mikrobioms (Darmflora) bilden normalerweise Bakterien der Gruppen Enterobacteriaceae (insb. Escherichia coli), Enterokokkus, Bacillus und Bacteroides. Das Darmmikrobiom setzt sich bei jedem Menschen individuell zusammen, da das Wachstum bestimmter Bakterien zum Beispiel von der Zusammensetzung der Nahrung abhängt. Eine gesunde Darmflora erfüllt unter anderem die folgenden wichtigen Aufgaben: Unterstützung der Verdauung, Bildung von Vitaminen, Botenstoffen, Hormonen sowie kurzkettigen Fettsäuren. Außerdem ist das Mikrobiom ein bedeutender Bestandteil des Immunsystems.5, 6, 7
In der Regel befindet sich die Darmflora in einem Gleichgewicht, welches die Bildung eines problematischen Biofilms verhindert. Durch Erkrankungen wie chronische Darmentzündungen, ein geschwächtes Immunsystem, eine ungünstige Ernährung (z. B. Fast Food) und Alkoholkonsum kann die Darmflora aus dem Gleichgewicht geraten. Dies gilt ebenso für bestimmte Antibiotika und wahrscheinlich auch für Medikamente wie Magensäureblocker (Protonenpumpeninhibitoren), Antihistaminika, einige Abführmittel, Benzodiazepine und weibliche Hormone (Antibabypille). Ein Ungleichgewicht des Mikrobioms kann zu einer übermäßigen Vermehrung „schlechter“ Bakterien bzw. zum Zurückdrängen nützlicher Bakterien führen. Dieser Zustand wird Dysbiose genannt. In der Folge ist die Ausbildung eines Biofilms möglich.5, 6, 7
Wichtig zu wissen: Ob Darmerkrankungen wie das Leaky Gut Syndrom, Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn Folge oder Ursache von Biofilmen sein können, ist noch immer Gegenstand der Forschung. Eventuell sind hier beide Kausalitäten zutreffend bzw. möglich.8, 9

Welche gesundheitlichen Folgen kann ein Biofilm im Darm haben?
Wie bereits erwähnt, ist die genaue Rolle von Biofilmen im Darm noch immer Gegenstand der Forschung. Gesicherte Aussagen sind deshalb unter anderem in Bezug auf ausgelöste Erkrankungen aktuell noch nicht immer möglich. Die folgenden Erkrankungen werden jedoch zumindest mit den Biofilmen bzw. einem Ungleichgewicht im Mikrobiom in Verbindung gebracht:4, 8, 9, 10
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Reizdarmsyndrom
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Colitis ulcerosa
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Morbus Crohn
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Leaky Gut Syndrom
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Autoimmunreaktionen
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kardiovaskuläre Erkrankungen wie Arteriosklerose
Wichtig zu wissen: Bei einer Untersuchung der Medizinischen Universität Wien wiesen 57 % der Studienteilnehmer mit Reizdarm und 34 % der Teilnehmer mit Colitis ulcerosa einen Biofilm mit gelbgrünen Auflagerungen auf. In der gesunden Kontrollgruppe wurde ein solcher Film nur bei 6 % der Studienteilnehmer nachgewiesen.4

Diagnostik und Symptomatik: Wie können Biofilme im Darm erkannt und nachgewiesen werden?
Spezifische Diagnoseverfahren zur Erkennung von Biofilmen im Darm sind nach unseren Recherchen bisher nicht bekannt. Die Symptome eines Biofilms im Darm sind oft auch unspezifisch und variieren mitunter stark. Häufige Durchfälle, Verstopfungen, Bauchkrämpfe oder verstärkte Blähungen können jedoch ein Hinweis auf Biofilme sein.7 Als aufschlussreichste Diagnosemethode gilt bisher eine Koloskopie (Darmspiegelung) mit Entnahme von Gewebeproben aus der Darmschleimhaut. Diese werden dann im Labor auf Hinweise zu Biofilmen untersucht. Allerdings zeigen sich Biofilme nicht immer in allen Darmabschnitten, sodass es hier zu falsch-negativen Ergebnissen kommen kann. Stuhluntersuchungen können ebenfalls Hinweise auf die Zusammensetzung des Mikrobioms geben. Die Aussagekraft dieser Proben ist jedoch oft gering, da die Zusammensetzung der Darmflora sehr individuell ist und sich sogar mitunter stündlich ändern kann.4, 11

Biofilm entfernen: Therapie und Vorbeugung
Einen Biofilm im Darm zu entfernen ist oft schwierig, da die Bakterien durch ihre Schleimschicht häufig gut gegen zum Beispiel Antibiotika geschützt sind. Außerdem weisen viele Keime von Biofilmen bereits Resistenzen gegen gängige Antibiotika auf.2 Mehr Erfolg kann zumindest im Bereich des Dickdarms mitunter eine Spülung mit einer „endoskopischen Spritzpistole“ bringen.12 Ob sich mit Nahrungsergänzungsmitteln oder „Hausmitteln“ Biofilme im Darm entfernen oder mindern lassen, ist noch Gegenstand der Forschung und die Wirkungen sind hier noch nicht ausreichend belegt. Erfolgversprechend könnte auch die Einnahme von Probiotika-Präparaten sein. Diese tragen zumindest in einigen Fällen zu einem besseren Gleichgewicht im Mikrobiom bei.13
Zur vorbeugenden Stärkung der Darmflora werden unter anderem eine ballaststoffreiche Ernährung, die Aufnahme von sekundären Pflanzenstoffen aus Obst und Gemüse sowie der Verzehr von fermentierten Milchprodukten wie Joghurt oder Buttermilch empfohlen.7
Wichtiger Hinweis: Besprechen Sie Therapiemaßnahmen auf jeden Fall mit Ihrem Arzt, da zum Beispiel die Einnahme von Probiotika in bestimmten Fällen wie einem geschwächten Immunsystem auch ein Gesundheitsrisiko darstellen kann! Zudem kommt es beim Entfernen von Biofilmen mitunter zur Freisetzung von Bakterien und eingelagerten Schadstoffen.11, 14

Schon gewusst?
Biofilme können neben dem Darm auch auf Zähnen, Zahnimplantaten, Kathetern, Herzschrittmachern, Stents oder künstlichen Gelenken entstehen. Besonders wenn sich von diesen Biofilmen Erreger lösen und in die Blutbahn geraten, kann dies zu schweren Infektionen wie Blutvergiftungen (Sepsis) führen. Die Oberflächen von Implantaten wie künstlichen Gelenken können aber auch eine starke Vermehrung von Keimen begünstigen, die bereits durch andere Infekte in der Blutbahn zirkulieren. In Deutschland kommt es pro Jahr etwa zu 100.000 Infektionen im Zusammenhang mit Biofilmen.2, 15, 16

Darmerkrankungen durch Keime im Trinkwasser – Wassertests minimieren Risiko
Ist Trinkwasser zum Beispiel mit Fäkalkeimen wie Coli-Bakterien verunreinigt, kann dies unter anderem zu schweren Durchfallerkrankungen oder einer Gastroenteritis (Entzündung der Schleimhäute von Darm und Magen) führen.17, 18 Fäkalkeime gelangen mitunter beispielsweise durch Hochwasser, Rohrbrüche oder Defekte bei der Wasseraufbereitung in das Trinkwassernetz.
Unser umfangreiches Angebot an Trinkwassertests enthält unter anderem den Wassertest Bakterien, welcher eine Analyse auf coliforme Keimen und die Gesamtkeimzahl beinhaltet. Für Brunnenwasser empfehlen wir den Brunnenwassertest Hygiene. Die Probenahme für die Tests können Sie mit der in den Testkits enthaltenen Anleitung einfach selbst vornehmen. Nach Einsendung per Post erfolgt die Analyse in unserem spezialisierten Partnerlabor.

Haftungsausschluss
Alle medizinischen Informationen in diesem Artikel wurden sorgfältig von uns aus den genannten Quellen zusammengetragen. Für die Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit der Informationen können wir nicht garantieren. Wenden Sie sich bei Beschwerden stets an einen Facharzt.

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1Vgl.: Deutsches Zentrum für Infektionsforschung: Biofilm. 2024.
2Vgl.: Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung: Biofilme – ein Leben im Schleim. 2024.
3Vgl.: DocCheck Flexikon: Biofilm. 2024.
4Vgl.: Medical Tribune: Reizdarm und Colitis, Im falschen Biofilm. 2021.
5Vgl.: Bundeszentrum für Ernährung: Mikrobiom: Der Darm und seine Bewohner. 2023.
6Vgl.: DocCheck Flexikon: Darmflora. 2024.
7Vgl.: AOK: Die Darmflora: Aufbau und Funktion. 2023.
8Vgl.: Technische Universität Dresden, Center for Regenerative Therapies: Genetischer Defekt als Einfallstor für Entzündungen. 2021.
9Vgl.: Aerzteblatt.de: Morbus Crohn: Bakterieninvasion durch Defensin-Mangel. 2004.
10Vgl.: Charité Berlin: Wie beeinflussen mikrobielle Signale aus dem Darm das Immunsystem? 2021.
11Vgl.: Universitäts Spital Zürich: Mythen und Fakten zum Darm. 2022.
12Vgl.: Medizinische Universität Wien: Reizdarmsyndrom auf Basis von mukosalen Biofilmen erstmals endoskopisch identifizierbar. 2021.
13Vgl.: Pharmazeutische Zeitung: Mensch und Mikrobe. 2002.
14Vgl.: AOK: Probiotika: sinnvoll oder nicht? 2023.
15Vgl.: Aerzteblatt.de: Infektionsrisiko bei Gelenkersatz auch nach Jahren vorhanden. 2019.
16Vgl.: DocCheck Flexikon: Katheterinfektion. 2024.
17Vgl.: Aerzteblatt: Mikroorganismen im Trinkwasser. 1996.
18Vgl.: MSD Manual: E.-coli-Gastroenteritis. 2023.