Inhalt
Gesundheitsrisiken Altlasten: Mineralölrückstände, Schwermetalle, Lösungsmittel, PAKs
Allgemeines
Im Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) wurde eine einheitliche Begriffsbestimmung für Altlasten festgelegt. Diese im Behördendeutsch etwas verklausulierte Definition lässt sich etwa wie folgt zusammenfassen: Als Altlasten gelten schädliche Bodenveränderungen oder sonstige Verunreinigungen, die für Einzelne oder die Allgemeinheit ein Risiko darstellen. Die Bodenveränderungen bzw. Verunreinigungen können von stillgelegten Abfallbeseitigungsanlagen oder sonstigen Anlagen (z. B. Industrie) bzw. Verursachern ausgehen.1 Zu Altlasten zählen zum Beispiel Chemikalien wie Mineralölrückstände, Lösungsmittel, Teeröle und Schwermetalle. Gelangen diese in den Körper, kann es zu verschiedensten Gesundheitsschäden kommen. So gelten unter anderem Teeröle und einige Schwermetalle als krebserregend.
Entwicklung
Wann in Deutschland die ersten Altlasten entstanden sind, lässt sich nicht genau datieren. So gab es zum Beispiel im Harz schon im Mittelalter starke Bergbauaktivitäten, deren Abraumhalden teilweise noch heute Schwermetalle in Böden und Gewässer freisetzen können. Viele weitere Altlasten entstanden nach und nach mit Beginn der industriellen Revolution (um 1815). Damals gab es so gut wie keine Umweltschutzbestimmungen. Teilweise fehlte auch das Wissen über die Gefährlichkeit vieler Schadstoffe. Für zahlreiche Altlasten sorgten ebenso der 1. und 2. Weltkrieg. So wurden beispielsweise in der Ostsee nach dem 2. Weltkrieg große Mengen chemischer Kampfstoffe „entsorgt“. Mit dem Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) vom 17.03.1998 wird der Begriff „Altlast“ klar definiert. Aufbauend bzw. ergänzend existieren in den Bundesländern teilweise eigene Landes-Bodenschutzgesetze. Mit Stand August 2023 gab es in Deutschland insgesamt 18.964 erfasste Altlasten.2 Es ist jedoch zusätzlich von einer erheblichen Dunkelziffer weiter Altlasten auszugehen.
Die häufigsten Altlasten: einzelne Schadstoffe, Risikopotenzial, Verursacher
Altlasten können aus einzelnen Schadstoffen oder Mischungen verschiedenster Schadstoffe bestehen. Die industrielle, chemische und militärische Produktion hat im Laufe der Zeit eine erhebliche Anzahl verschiedenster gesundheitsschädlicher Chemikalien bzw. Produkte erzeugt. Diese hier alle umfassend aufzuzählen und zu beschreiben, würde den Umfang des Artikels bei weitem sprengen. Deshalb beschränken wir uns nachfolgend auf die häufigsten Altlasten-Schadstoffe:
❗Mineralölkohlenwasserstoffe (MKW) sind unter anderem in Kraftstoffen, Schmierstoffen, Lösungsmitteln und Heizöl vorhanden. Darüber hinaus sind MKWs Grundbestandteil vieler industrieller Produkte. Die Chemikalien können zum Beispiel durch Unfälle in Raffinerien und Tanklagern in die Umwelt gelangen. Häufiger sind jedoch Freisetzungen durch Tankstellen, Kfz-Werkstätten und Schrottplätze (z. B. austretendes Getriebeöl) oder undichte Öl-Erdtanks. Kleine, lokale Altlasten können durch die illegale Entsorgung von Getriebeöl und alten Kraftstoffen auftreten. MKWs werden teilweise in Böden durch Mikroorganismen abgebaut. Der Abbau kann jedoch sehr lange dauern und ist unter anderem von Faktoren wie pH-Wert, Temperatur und Sauerstoffgehalt des Bodens abhängig. Neben ihrer Umweltgefährdung sind MKWs auch für die menschliche Gesundheit ein Risiko. Beim Einatmen der flüchtigen Dämpfe sind zum Beispiel Atemwegs- und Schleimhautreizungen sowie Schädigungen von Nerven, Lunge, Gehirn und Niere möglich. Bei oraler Aufnahme (z. B. durch verschmutztes Wasser) kann es ebenso zur Magen-Darmbeschwerden kommen. Einige MKWs wie Benzol gelten außerdem als krebserregend.3
❗Chlorierte Kohlenwasserstoffe (CKW) sind oft leichtflüchtig (verdunsten schnell). Zu den am weitesten verbreiteten CKWs zählen zum Beispiel Trichlorethen und Dichlormethan. CKWs werden unter anderem in der Industrie zum Entfetten von Metallen, von chemischen Textil-Reinigungen sowie als Lösungsmittel eingesetzt. Ein sehr bekannter Vertreter der CKWs ist Vinylchlorid, welches als Grundstoff bei der Herstellung des Kunststoffs PVC verwendet wird. Gesundheitsgefahren gehen meist von CKW-Dämpfen aus. Diese können Augen, Schleimhäute, Haut und Atemwege reizen. Es sind jedoch ebenso Nieren-, Leber und Nervenschäden möglich. Einige CKWs besitzen zudem eine krebserregende Wirkung.3
❗Schwermetalle wie Blei, Cadmium, Chrom und Quecksilber können beispielsweise durch Bergbauaktivitäten, Metallverarbeitung, die chemische Industrie sowie Schrott- und Schießplätze (bleihaltige Munition) in die Umwelt freigesetzt werden. Während Quecksilber auch bei niedrigen Temperaturen leicht verdampft, liegen die übrigen Schwermetalle in Altlasten meist in fester Form vor. Wie mobil („löslich“) Schwermetalle im Boden sind, hängt unter anderem von Boden-pH-Wert und Tongehalt des Bodens ab. So ist die Mobilität in Böden mit hohem Tonmineralgehalt in der Regel stark eingeschränkt. Im Boden vorhandene Schwermetalle werden teilweise von Pflanzen aufgenommen und gelangen so möglicherweise in die Nahrungskette. Das macht Schwermetalle auch zu einer Risiko-Altlast im Garten. Schwermetalle stören unter anderem lebenswichtige Enzymsysteme von Bodenorganismen. Die Auswirkungen der Schadstoffe auf die menschliche Gesundheit sind sehr vielfältig. So schädigen Quecksilber und Blei beispielsweise das Nervensystem und Chrom sowie Cadmium gelten als krebserregend. Gelöste Schwermetalle stellen ein Risiko für die Trinkwasserversorgung dar.4, 5 Mehr dazu in unserem Ratgeber Schwermetalle im Trinkwasser.
❗Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) wie Benzo[a]pyren entstehen bei der Verbrennung von zum Beispiel Kohle, Holz, Abfällen, Kraftstoffen und Tabak. Die Bildung dieser pyrogenen („durch Verbrennung entstanden“) PAKs steigt an, je unvollständiger die Verbrennung (niedrige Temperaturen) ist. Daneben gibt es auch PAKs, die bereits Bestandteil von fossilen Rohstoffen wie Erdöl oder Steinkohle bzw. derer weiterverarbeiteter Produkte und Produktionsrückstände sind. Zu nennen wären hier unter anderem einige Wachse und Öle sowie Teeröle.6 Altlasten-Quellen von PAKs sind zum Beispiel Holz-Imprägnierwerke, Gaswerke, Kokereien aber ebenso mit Teerölen imprägnierte Dachpappe, Eisenbahnschwellen und Strommasten. Die Mobilität der verschiedenen PAKs im Boden und Wasser ist sehr unterschiedlich. Die meisten PAKs werden in der Umwelt sehr schwer abgebaut. Einige PAKs gelten als eindeutig krebserregend. Erbgutschäden und eine Beeinträchtigung der Fortpflanzungsfähigkeit sind ebenfalls möglich.3, 7
❗Militärische und Rüstungsaltlasten befinden sich zum Beispiel mitunter an ehemaligen Produktionsstandorten von Sprengstoffen, Munition oder chemischen Kampfstoffen. Hinzu kommen Flächen und Gebiete, an denen zum Beispiel nach dem 2. Weltkrieg verschiedenste Munitionsreste vergraben oder verklappt wurden. Dazu zählen unter anderem die stark mit chemischen Kampfstoffen kontaminierten Dethlinger Teiche bei Munster und Verklappungsgebiete für Munition in Nord- und Ostsee (z. B. Lübecker und Neustädter Bucht). Insgesamt sollten in Nord- und Ostsee noch rund 1,6 Millionen Tonnen konventioneller Munition und ca. 5.000 Tonnen chemischer Kampfstoffe „lagern“. Durch die immer weiter fortschreitende Korrosion der Munition entstehen hier besondere Gefahren für Mensch und Umwelt. Aus Sprengstoffrückständen und Munition freigesetzte Schadstoffe wie Trinitrotoluol (TNT) gelten teilweise als krebserregend und erbgutverändernd. Zudem gelangen aus Munition manchmal ebenso Schwermetalle wie Quecksilber in die Umwelt. Dazu kommt das ganz spezifische Gefahrenpotenzial chemischer Kampfstoffe. Einige Schadstoffe aus Munition werden von Meeresbewohnern wie Muscheln und Fischen aufgenommen bzw. angereichert und können so in die Nahrungskette gelangen.8, 9
Wo über mögliche Altlasten informieren? Altlastenkataster bieten Auskunft
In Deutschland gibt es bisher kein zentrales Verzeichnis für Altlasten. Diese sogenannten Altlastenkataster bzw. Verdachtsflächenkataster werden stattdessen dezentral bei den unteren Bodenschutzbehörden von Städten bzw. Landkreisen geführt. Diese Behörden sind meist Bestandteil der Umweltverwaltungen. Eine grobe Übersicht über Altlasten bzw. Schadstoffbelastungen im Boden stellen viele Bodenschutzbehörden schon online bereit. Konkrete Auskünfte über einzelne Flächen oder Grundstücke müssen aber schriftlich oder online beantragt werden. Dafür können Gebühren anfallen. Die privat betriebene Webseite Altlastenkataster.org vereinfacht die Suche nach den örtlichen Behörden über eine Suchmaske und bietet außerdem eine direkte Antragstellung.
Boden- und Wassertests spüren Schadstoffe auf
Wie wir bereits in diesem Ratgeber erläutert haben, gehen von Altlasten oft Gesundheitsrisiken aus. Ob auf Ihrem Grundstück Gefahren durch Bodenkontaminationen mit Schwermetallen bestehen, zeigt unser Bodentest Schadstoffe. Hier wird die Bodenprobe in einem spezialisierten Labor auf die Parameter Kupfer, Zink, Blei, Cadmium, Chrom, Nickel und Quecksilber analysiert. Ob Ihr Trinkwasser mit Schwermetallen wie Blei, Kupfer, Nickel oder Chrom belastet ist, checken Sie mit dem Wassertest Chemisch: Schwermetalle + Mineralstoffe. Das Analyseergebnis informiert Sie unter anderem auch über die Konzentration von Nitrat, Nitrit, Magnesium und Calcium im Wasser. Eine Quelle der oben genannten Schwermetalle sind übrigens oft Komponenten der Wasser-Hausinstallation wie alte Bleirohre, neue Kupferrohre oder schwermetallhaltige Armaturen.
✔️ Umfangreicher Test
✔️ Schwermetalle & Mineralstoffe
✔️ Bakterien inkl. E. coli
✔️ Legionellentest
✔️ Coliforme Keime inkl. E. coli
✔️ Speziell für Brunnen & Quellen
✔️ 2 in 1: Chemie & Mikrobiologie
✔️ Umfassendste Brunnenanalyse
Grundstück oder Gewerbefläche mit Altlasten belastet? Was sind die gesetzlichen Regelungen zu Altlasten?
Ist die von Ihnen entdeckte Altlast noch nicht im Altlastenkataster verzeichnet, sollten Sie die untere Bodenschutzbehörde informieren. Diese könnte dann weitere Maßnahmen wie spezielle Beprobungen oder Bohrungen anordnen. Besteht lediglich ein Altlasten-Verdacht, kann eine orientierende Altlasten-Untersuchung Klarheit über die Verunreinigung bringen bzw. diese ausschließen. Wer für die Schäden durch Altlasten bzw. deren Sanierungskosten haftet, ist nicht ganz so einfach zu beantworten. Grundsätzlich wäre hier zunächst der Verursacher zu nennen. Oft ist dieser jedoch nicht mehr ermittelbar bzw. die verursachenden Firmen existieren gar nicht mehr oder sind insolvent. Ist dies der Fall, können Grundstückseigentümer als Gesamtrechtsnachfolger für die Sanierung und Schadensbeseitigung von Altlasten haftbar gemacht werden. Bei arglistiger Täuschung über bekannte Altlasten kommt auch eine Haftung des Alteigentümers bzw. Verkäufers in Frage. Grundsätzlich besteht für Gesundheitsrisiken verursachende Altlasten eine Sanierungspflicht.10 Wählen Sie für die Sanierung nur Fachbetriebe mit entsprechender Expertise und Zertifizierung.
Wussten Sie ..?
Erhöhte Schwermetallgehalte im Boden können nicht nur durch Altlasten, sondern auch durch Düngemittel verursacht werden. So wurden unter anderem bei einer Untersuchung der Zeitschrift Öko-Test in Gartendüngern häufig erhöhte Schwermetallkonzentrationen festgestellt. Außerdem waren die Gehalte des Boden-Nährstoffs Phosphat vielfach zu hoch.11 Ob der Nährstoffgehalt Ihres Gartenbodens im optimalen Bereich liegt, lässt sich übrigens einfach mit unserem Bodentest Nährstoffe prüfen.
1Vgl.: Umweltbundesamt: Altlasten und ihre Sanierung. 2023.
2Vgl.: Umweltbundesamt: Bundesweite Übersicht zur Altlastenstatistik. 2023.
3Vgl.: Bundesministerium Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Österreich: Altlasten-Portal, Schadstoffe. 2024.
4Vgl.: Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz: Schadstoffe im Boden: 2024.
5Vgl.: Bunde: Cadmium im Feinstaub. 2023.
6Vgl.: Umweltbundesamt: Wie entstehen PAK? 2012.
7Vgl.: Umweltbundesamt: Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe. 2016.
8Vgl.: Umweltbundesamt: Munition im Meer. 2023.
9Vgl.: Johann Heinrich von Thünen-Institut: CONMAR-Fish: Marine Munitionsaltlasten und Fische. 2024.
10Vgl.: Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie: Boden, Altlasten, Fragen und Antworten. 2024.
11Vgl.: Öko-Test: Gartendünger im Test: Schwermetalle, Uran oder Pestizide fast überall ein Problem. 2015.