Zahlen und Fakten
Das PFAS Verbot der EU - Warum das Jahrhundertgift bald verboten wird!
Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS) sind eine große, komplexe Gruppe synthetischer Chemikalien, die seit den 1950er Jahren in Verbraucherprodukten auf der ganzen Welt verwendet werden. Nun läuft ein EU-Verfahren, um die Chemikalien zu verbieten.
Hier erfahren Sie:
- was PFAS sind
- welche gesundheitlichen und ökologischen Auswirkungen sie haben
- wieso die EU diese verbieten will
✔️ PFAS
✔️ Summenwert
✔️ PFOA, PFNA, PFOS, PFHxS
✔️ Die wichtigsten 20 PFAS
✔️ Bestimmungsgrenze 0,1 ng/l
✔️ PFOA, PFNA, PFOS, PFHxS
Inhalt
Update 11.10.2024: Europäische Kommission beschränkt PFAS-Verwendung
Am 19. September 2024 hat die Europäische Kommission im Rahmen des EU-Chemikalienrechts (REACH-Verordnung) die Verwendung einer PFAS-Untergruppe beschränkt – namentlich Undecafluorhexansäure (PFHxA) und PFHxA-verwandte Stoffe. Die Beschränkung basiert auf der wissenschaftlichen Bewertung durch die Ausschüsse der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) und trat formal am gestrigen 10. Oktober 2024 in Kraft.
Diese Untergruppen von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen („PFAS“) sind sehr langlebig und sehr mobil in Wasser, und ihre Verwendung in bestimmten Produkten stellt ein unannehmbares Risiko für die menschliche Gesundheit und die Umwelt dar.
Europäische Kommission
Die neue Beschränkung konzentriere sich auf Anwendungen, bei denen das Risiko nicht angemessen beherrscht werde, wenn Alternativen verfügbar und die sozioökonomischen Kosten im Vergleich zum Nutzen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt begrenzt seien.
Konkret geht es um den Verkauf und die Verwendung von
- Textilien (z.B. Regenjacken)
- Lebensmittelverpackungen (z.B. Pizzaschachteln)
- Gemische wie Imprägniersprays
- Kosmetika (z.B. Hautpflegemittel)
- Feuerlöschschaum
Nicht betroffen ist hingegen die Anwendung von PFHxA beispielsweise in Halbleitern, Batterien oder Brennstoffzellen für grünen Wasserstoff.
Je nach Verwendungszweck sind Übergangszeiträumen zwischen 18 Monaten und 5 Jahren angesetzt, bis die neue Beschränkung wirksam wird.
(Mit Material der Europäischen Kommission und IHK)
Wie kam es zum geplanten Verbot durch die EU?
PFAS werden seit Ende der 1930er Jahre hergestellt. Die Verwendung hat sich im Laufe der Zeit verändert, insbesondere der reduzierte Einsatz von langkettigen PFAS, da sich das Verständnis um die Risiken dieser Chemikalien weiterentwickelt hat und zunehmend behördlicher Druck durch die EU ausgeübt wurde.
Die beiden PFAS, die am häufigsten in Wassersystemen gefunden werden, sind alte, langkettige Verbindungen, die nicht mehr hergestellt werden, wie Perfluoroctansäure (PFOA) und Perfluoroctansulfonsäure (PFOS).
Da erste Studien über die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen hoher PFOS-Konzentrationen alarmierende Ergebnisse zeigten, wurde Ende der 1990er und Anfang der 2000er Jahre beschlossen, die Herstellung, den Verkauf und die Verwendung von PFOS im Vereinigten Königreich, in der EU und in den USA zu verbieten.
Verbot durch ein Beschränkungsverfahren der EU
2019 forderte der Europäische Rat die Europäische Kommission auf, einen Aktionsplan zu entwickeln, um alle nicht wesentlichen Verwendungen von PFAS zu verbieten, da es immer mehr Beweise für schädliche Auswirkungen durch die Exposition gegenüber diesen Stoffen gibt.
Die Europäische Chemikalienagentur hat ab 07.02.2023 einen Vorschlag zur Beschränkung vorgelegt, um ein europäisches Verbot für Herstellung, Verwendung, Verkauf und Einfuhr von PFAS zu erreichen (vgl. ECHA publishes PFAS restriction proposal).
Dieser Vorschlag besagt, dass ein Verbot für alle Verwendungen von PFAS erforderlich ist, wobei je nach Funktion und Verfügbarkeit von Alternativen unterschiedliche Zeiträume vorgesehen sind, in denen das Verbot in Kraft tritt: unmittelbar nach Inkrafttreten der Beschränkung, 5 Jahre danach oder 12 Jahre danach.
Vom 22. März bis zum 21. September 2023 konnten sich Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und andere Organisationen im Rahmen einer öffentlichen Konsultation zu dem Vorschlag der europäischen Chemikalienagentur äußern. Daraufhin formulierten zwei Ausschüsse der europäischen Chemikalienagentur jeweils eine Stellungnahme zu den Risiken und sozioökonomischen Aspekten der vorgeschlagenen Beschränkungen.
Diese Stellungnahmen wurde an die Europäische Kommission weitergeleitet, die einen Vorschlag veröffentlicht hat, der den EU-Mitgliedstaaten zur Diskussion und Entscheidung vorgelegt wurde (vgl. Beschränkungsverfahren). Der Vorschlag sieht vor das PFAS nur noch für Produkte wie Halbleiter oder Medizinprodukte erlaubt sein sollen bei denen es noch keine Alternativen gibt. Wird der Vorschlag von der Politik umgesetzt, wären dadurch PFAS in sämtlichen Konsumprodukten im Alltag, wie Outdoorkleidung, Pfannen, Impregniermittel, etc. verboten.
Was sind PFAS - Vorkommen, Exposition
PFAS-Moleküle bestehen aus einer Kette von miteinander verbundenen Kohlenstoff- und Fluoratomen. Da die Kohlenstoff-Fluor-Bindung eine der stärksten chemischen Bindungen ist, bauen sich diese sogenannten “Ewigkeitschemikalien" in der Umwelt nicht so leicht ab.
Aufgrund ihrer weit verbreiteten Verwendung und ihrer Langlebigkeit in der Umwelt finden sich viele PFAS im Blut von Menschen und Tieren auf der ganzen Welt und sind in geringen Mengen in einer Vielzahl von Lebensmitteln und in der Umwelt vorhanden.
PFAS, PFOS, PFOA - Was ist der Unterschied?
Die beiden am häufigsten nachgewiesenen PFAS-Chemikalien, Perfluoroctansäure (PFOA) und Perfluoroctansulfonsäure (PFOS), werden aufgrund ihrer hohen Stabilität und geringen Oberflächenspannung in großem Umfang in der Industrie eingesetzt. PFOA und PFOS finden sich in Produkten von Kochgeschirr und Lebensmittelverpackungen aus Papier bis hin zu Körperpflegeprodukten, Teppichen und Feuerlöschschaum und sorgen für eine verbesserte Schmutzabweisung.
PFOA steht im Verdacht, das Hormonsystem zu stören und möglicherweise krebserregend zu sein, während PFOS mit Fruchtbarkeitsstörungen in Verbindung gebracht wird. Mehrere PFAS-Chemikalien, insbesondere PFOA, stehen in Verbindung mit einem erhöhten Brustkrebsrisiko.
Langkettige und kurzkettige PFAS
Die Eigenschaften von PFAS sind auf ihre Struktur und chemische Zusammensetzung zurückzuführen. PFAS bestehen aus Fluorkohlenstoffketten, die an funktionelle Gruppen (wie Carbonsäuren, Sulfonsäuren, Alkohole usw.) gebunden sind.
PFAS werden in zwei Gruppen eingeteilt:
- Langkettige PFAS sind die Perfluoralkylsulfonsäuren mit 6 oder mehr Kohlenstoffatomen, wie die Perfluoroctansäure (PFOA).
- Kurzkettige PFAS besitzen indes 1 bis 5 Kohlenstoffatome, wie die Perfluorobutansäure.
Lang- und kurzkettige PFAS wurden künstlich hergestellt, sie können aber auch das Ergebnis bereits existierender PFAS in der Umwelt sein, die allmählich zerfallen und dabei neue Alkylverbindungen entstehen lassen.
Wie sind die Menschen PFAS ausgesetzt?
Die Exposition des Menschen gegenüber PFAS ist nahezu überall gegeben, da die Chemikalie in so vielen Industrien eingesetzt wird, etwa in der Luft- und Raumfahrt-, Automobil-, Bau- und Elektronikindustrie und sie mit der Zeit in den Boden, das Wasser und die Luft gelangen.
Beispiel: Eine Studie hat für den Raum Mannheim zwischen 2015 und 2022 Flächen, Brunnen, Wasserversorgungsanlagen und angebaute Lebens- und Futtermittel sowie Honig untersucht und fand in 40 Prozent der untersuchten Fläche bedenklich hohe Konzentrationen. Auch Grundwasser und Honig waren kontaminiert (vgl.: Belastungen durch per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) in Boden und Grundwasser landwirtschaftlicher Flächen in Mannheim).
Menschen sind diesen Chemikalien ständig in der Umwelt ausgesetzt, wenn sie PFAS-kontaminiertes Wasser oder Lebensmittel zu sich nehmen, mit PFAS hergestellte Produkte verwenden oder PFAS-haltige Luft einatmen. Da PFAS nur sehr langsam abgebaut werden, sind Menschen und Tiere ihnen wiederholt ausgesetzt, was sich in erhöhten PFAS-Werten im Blut widerspiegelt.
Ein Bericht des US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) fand PFAS im Blut von 97 % der US-Amerikanerinnen und Amerikaner (vgl.: Serum Biomarkers of Exposure to Perfluoroalkyl Substances in Relation to Serum Testosterone and Measures of Thyroid Function among Adults and Adolescents from NHANES 2011–2012).
Eine Untersuchung von Blutproben der Umweltprobenbank des Bundes zwischen 1982 und 2019 ergab, dass jede untersuchte Probe PFAS enthielt, mitunter weit über dem Richtwert von 0,10 µg/l (vgl.: Human biomonitoring of per- and polyfluoroalkyl substances in German blood plasma samples from 1982 to 2019).
Forever Chemicals: Verbreitung und Bioakkumulation
Die schädlichen Auswirkungen von PFAS auf die öffentliche Gesundheit sind unabschätzbar hoch, da die Chemikalie einige besonders bedenkliche Eigenschaften hat:
- Verbreitung: Studien belegen, dass PFAS im Blut und Urin von Menschen weltweit gefunden werden. PFAS werden weltweit in zahlreichen Produkten verwendet, sodass es zahlreiche Möglichkeiten, gibt damit in Kontakt zu kommen.
- Quantität: Über 4700 PFAS sind bekannt, vermutlich gibt es noch einige mehr - dadurch gibt es zu den meisten PFAS noch keine Studien, welche die Belastung auf den Menschen untersucht haben. Zudem vergehen viele Jahre von den ersten Forschungsergebnissen bis zu dem Verbot durch Behörden (vgl. OECD Portal on Per and Poly Fluorinated Chemicals).
- Persistenz: PFAS verbleiben für eine unbekannte Zeitspanne in der Umwelt (vgl. Per- and polyfluoroalkyl substances in the environment).
- Bioakkumulation: Menschen können auf verschiedene Weise mit PFAS-Chemikalien in Berührung kommen. Im Laufe der Zeit nehmen Menschen möglicherweise mehr von den Chemikalien auf, als sie ausscheiden, ein Prozess, der zu Bioakkumulation, einer Anreicherung der Chemikalien im Körper, führt (vgl. Accumulation of perfluoroalkyl substances in human tissues).
Auswirkungen auf die Gesundheit
Es wurden mehrere gesundheitsschädigende Wirkungen im Zusammenhang mit der Exposition gegenüber PFAS belegt.
- Veränderter Stoffwechsel (vgl. Perfluoroalkyl substances and changes in body weight and resting metabolic rate in response to weight-loss diets)
- verminderte Fruchtbarkeit (vgl. Perfluoroalkyl and polyfluoroalkyl substances and measures of human fertility)
- reduziertes fötales Wachstum und ein erhöhtes Risiko für Übergewicht oder Fettleibigkeit (vgl. Early-life exposure to EDCs: role in childhood obesity and neurodevelopment)
- erhöhtes Krebsrisiko (vgl. PFAS and cancer, a scoping review of the epidemiologic evidence)
- vermindert effektives Immunsystem (vgl. Antibody response to booster vaccination with tetanus and diphtheria in adults exposed to perfluorinated alkylates)
Abbau und Entsorgung von PFAS
Es gibt Methoden, um PFAS aus dem Wasser zu filtern. Die Chemikalien haften zum Beispiel an Aktivkohle. Diese Methoden sind für Großprojekte allerdings zu teuer und sind daher nicht des Problems abschließende Lösung.
Beispiel: Im US-amerikanischen Sacramento gibt es einen riesigen Aktivkohletank, der pro Minute etwa 5600 Liter kontaminiertes Grundwasser ansaugt, filtert und von PFAS bereinigt in den Untergrund zurückpumpt. Diese Anlage kostete über 3 Millionen Dollar (vgl.: New water treatment systems address PFOS/PFOA issues at former Mather AFB).
Die Filterung ist nur ein Schritt. Sobald die PFAS aufgefangen sind, muss die mit PFAS belastete Aktivkohle entsorgt werden. Die übrigen PFAS zersetzen sich weiter und akkumulieren sich. Werden kontaminierte Materialien auf einer Mülldeponie gelagert, sickern PFAS schließlich in Boden und Grundwasser. Die Herausforderung ist also, die Forever Chemicals zu zerstören, sodass diese nicht wieder in die Umwelt gelangen können.
Können PFAS zerstört werden?
Die gängigste Methode zur Zerstörung von PFAS ist die Verbrennung, aber die meisten PFAS sind bemerkenswert resistent gegen Hitze, weswegen sie auch oft in Feuerlöschschäumen enthalten sind.
Um etwas zu verbrennen, muss die chemische Bindung brechen, aber Fluor lässt sich nur unter immensem Energieaufwand vom Kohlenstoff lösen. Die meisten PFAS werden bei Verbrennungstemperaturen um 1.500 Grad Celsius vollständig abgebaut, aber das ist energieintensiv und geeignete Verbrennungsanlagen sind rar.
Ein Ansatz ist die überkritische Wasseroxidation zur Zerstörung von PFAS (vgl. Battelle White Paper: Don’t Move PFAS. Destroy It.). Hohe Temperaturen und Drucke verändern den Zustand des Wassers und beschleunigen die chemische Reaktion auf eine Weise, die gefährliche Substanzen zerstören kann.
Andere arbeiten mit Plasmareaktoren, die Wasser, Elektrizität und Argon verwenden, um PFAS abzubauen (vgl. Plasma gegen toxische PFAS-Chemikalien). Sie sind schnell, aber auch nicht einfach zu skalieren.
Es gibt mehrere experimentelle Techniken, die vielversprechend sind, aber noch nicht für die Behandlung großer Mengen von Chemikalien geeignet sind. Die Übertragung auf industrielle Größen bleibt die größte Herausforderung.
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