Neben Ursachen wie Kälte, Krankheiten, Entzugserscheinungen oder allergischen Reaktionen auf Medikamente oder Nahrungsmitteln kann Zittern (fachsprachlich: Tremor) auch durch Schadstoffe bzw. Allergene in Innenräumen ausgelöst werden. Welche Schadstoffe und Allergene kommen hier konkret in Frage? Aus welchen Gegenständen und Materialien können diese freigesetzt werden? Sind Insektizide und Schimmelpilze mögliche Auslöser von Zittern? Unser Praxis-Ratgeber liefert die Antworten und nennt geeignete Luftanalysen zur Identifizierung von Innenraum-Schadstoffen und Allergenen. (Stand August 2024).
Wichtiger Hinweis: Die in diesem Text enthaltenen gesundheitsbezogenen Aussagen, Tipps und Ratschläge können eine Beratung bzw. Behandlung durch einen Facharzt nicht ersetzen. Es sollen lediglich Denkanstöße zu Symptomen und deren möglichen Verursachern gegeben werden.
Bei Zittern (fachsprachlich: Tremor) handelt es sich um eine „unwillkürliche, rhythmische, zitternde Bewegung eines Körperteils“, welche grundsätzlich durch Zusammenziehen und Entspannen von Muskeln ausgelöst wird.1 Bei einem Tremor kann zwischen Ruhetremor und Aktionstremor unterschieden werden. Während ein Ruhetremor nur in Ruhe auftritt, kommt ein Aktionstremor nur bei willentlicher Bewegung des entsprechenden Körperteils vor. Ein gewisser leichter Grad an Tremor ist bei vielen Menschen normal und wird als physiologischer Tremor bezeichnet. Weiterhin gibt es noch essentiellen (angeborene Störung), zerebellären (Schädigung eines Hirnbereichs), psychogenen (verursacht durch psychische Faktoren) sowie sekundären Tremor. Letzterer wird unter anderem durch Erkrankungen, Medikamente und weitere Substanzen (z. B. Chemikalien, Allergene) verursacht.1 In diesem Artikel werden wir uns mit einigen möglichen Auslösern von sekundärem Tremor in Innenräumen befassen.
Wie der obige Absatz zeigt, sind die möglichen Auslöser von Zittern bzw. Tremor überaus vielschichtig. Deshalb gerät die Eigen- bzw. „Google-Diagnose“ bei diesem Thema sehr schnell an ihre Grenzen. Da Zittern auch auf ernsthafte Erkrankungen hindeuten kann, sollten Sie sich bei entsprechenden Symptomen immer in die Hände eines Facharztes begeben.
Zittern kann unter anderem durch Ausdünstungen von Chemikalien in die Innenraumluft oder durch direkten Hautkontakt mit den Stoffen ausgelöst werden. Aus zum Beispiel Lösungsmitteln, Insektiziden, verschiedensten Einrichtungsgegenständen und Baumaterialien etc. kann eine kaum überschaubare Anzahl von Stoffen freigesetzt werden, die als potenzielle Auslöser von Zittern in Frage kommen. Zudem ist die individuelle Empfindlichkeit gegenüber diesen Stoffen oft noch stark unterschiedlich ausgeprägt. Folglich beschränken wir uns in der folgenden Übersicht auf einige häufige mögliche Auslöser von Zittern in Innenräumen:
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Kohlenwasserstoffe/Lösungsmittel: Kohlenwasserstoffe werden aus Erdöl gewonnen und kommen zum Beispiel häufig als Verdünner in Farben, in Klebstoffen und Reinigungsmitteln oder als Lösungsmittel zum Einsatz. Wegen ihres niedrigen Siedepunktes gehen viele Kohlenwasserstoffe bereits bei Raumtemperatur in die Innenraumluft über. Entsprechende Kohlenwasserstoffe gehören zu Gruppe der VOCs (Volatile Organic Compounds). Dies sind flüchtige (volatile) organische (enthalten Kohlenstoff) Verbindungen. Kohlenwasserstoffe wie Lösungsmittel können bei entsprechender Raumluftkonzentration unter anderem Zittern, Husten, Herzklopfen und Nervenschäden auslösen.2 In Innenräumen sollte eine VOC-Konzentration von 0,2 – 0,3 mg pro m³ Raumluft im langfristigen Mittel nicht überschritten werden.3 Weitere Information zu Gesundheitsgefahren durch VOCs und andere Schadstoffe in Farben und Lacken sowie Tipps zu schadstofffreien Alternativen erhalten Sie in unserem Ratgeber „Farben, Lacke und Lasuren – fast alle enthalten Schadstoffe“.
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Holzschutzmittel/Insektizide: Holzschutzmittel können manchmal über Jahrzehnte in die Raumluft ausdünsten. Weiterhin sammeln sich belastete Holzpartikel mitunter im Hausstaub an und gelangen so über die Atemwege oder direkten Hautkontakt in den Körper. Dämpfe von Insektiziden werden über die Atemwege aufgenommen oder die Chemikalien finden durch Hautkontakt mit behandelten Gegenständen oder Hausstaub ihren Weg in den Körper. Viele Holzschutzmittel enthalten neben zum Beispiel Fungiziden (Anti-Pilz-Mittel) auch Insektizide gegen holzschädigende Insekten. Deshalb lassen sich die Begriffe „Holzschutzmittel“ und „Insektizid“ oft nicht klar trennen. Einige Holzschutzmittel/Insektizide wie Lindan können schwere körperliche Schäden verursachen. Lindan reichert sich im Blutfett und fettreichen Geweben an und kann in hohen Dosen unter anderem Zittern, Krampfanfälle, Gleichgewichtsstörungen und Organschäden auslösen. Lindan wurde am 1. September 2006 endgültig für alle Anwendungsbereiche vom Markt genommen. In Innenräumen wurde Lindan auf dem Gebiet der ehemaligen DDR noch bis 1989 verbreitet zum Holzschutz eingesetzt. Ein Gesundheitsrisiko geht für Lindan folglich insbesondere von Holzkonstruktionen in Altbauten aus. Bei den Insektiziden gehört die Gruppe der Organophosphate zu den möglichen Auslösern von Zittern. Ein häufig eingesetztes Organophosphat ist Chlorpyrifos.4, 5
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Schimmelpilze: Schimmelpilze bzw. deren Sporen („Samen“) können neben einer Schimmelpilzallergie mit Symptomen wie Juckreiz, Fließschnupfen, Atemwegsbeschwerden und Hautausschlag gelegentlich auch Zittern auslösen. Verantwortlich für ein durch Schimmelpilze ausgelöstes Zittern sind in der Regel die von einigen Schimmelpilzen gebildeten Mykotoxine.6 Mykotoxine können neben kontaminierten Nahrungsmitteln ebenso über Hautkontakt mit verschimmelten Gegenständen und/oder über die Atemwege (belastete Raumluft, Hausstaub) in den Körper gelangen.7 Zu verstärkter Schimmelbildung kommt es oft an kühlen Kondensationspunkten wie Kellerräumen, Fensterbänken oder schlecht isolierten Wandabschnitten. Generell können aber verschiedenste Einrichtungsgegenstände und Materialien wie Teppichböden, Polstermöbel, Matratzen, Holzkonstruktionen oder Tapeten von Schimmel befallen werden. Schimmel verbreitet sich durch seine Sporen, die in geringen Konzentrationen praktisch immer in der Außen- und Innenraumluft vorkommen. Ein besonderes Schimmelrisiko besteht ab einer hohen relativen Luftfeuchtigkeit von ca. 70 – 80 %.8 Informationen zur Vermeidung von Schimmel erhalten Sie in unserem Ratgeber „Richtig heizen und lüften – Weniger Kosten und Schimmel!“.
Über unseren Onlineshop können Sie eine große Auswahl an Luftanalysen und Schimmeltests ordern. Mit diesen lassen sich mehrere mögliche Auslöser von Zittern identifizieren. Zudem bietet die große Bandbreite an Testparametern einiger Analysen auch eine gute Übersicht über andere möglicherweise in Ihrer Raumluft enthaltene Schadstoffe, die mitunter weitere gesundheitliche Probleme auslösen. Die Probenahme für unsere Tests nehmen Sie ganz einfach selbst vor. Nach Einsendung der Probe erfolgt die Auswertung in unserem Partnerlabor. Das verständlich aufbereitete Testergebnis wird für Sie nach kurzer Zeit über den persönlichen Bereich des Portals My.Checknatura.de bereitgestellt.
Ein sehr umfangreiches Analysespektrum hat unsere Luftanalyse Wohnraum Komplett. Hier werden zusätzlich zur Raumluftprobe ebenso eine Staub- und Materialprobe analysiert. Zu den Testparametern gehören beispielsweise zahlreiche VOCs, PCB, Insektizide wie Lindan sowie Weichmacher. Belastungen der Raumluft mit erhöhten Werten von Schimmelpilzsporen erkennt der Schimmeltest Raumluft. Speziell für schwerflüchtige Verbindungen (SVOCs) haben wir die Luftanalyse Pestizide, PCB, PAK entwickelt. Neben den in diesem Artikel als mögliche Auslöser von Zittern genannten Chemikalien Lindan und PCB werden bei dieser Analyse auch PAKs berücksichtigt. Viele PAKs wie Benzo(a)pyren haben unter anderem eine krebserregende Wirkung.9
Studien deuten darauf hin, dass einige Umwelt- bzw. Innenraumschadstoffe ein Risikofaktor für die Entstehung von Morbus Parkinson sind. Neben Muskelversteifungen und verlangsamten Bewegungen zählt ebenso unkontrolliertes Zittern zu den typischen Symptomen von Parkinson. In Deutschland waren im Jahr 2022 etwa 400.000 Menschen an Parkinson erkrankt. Weltweit ist eine Zunahme der Erkrankungsrate zu beobachten, welche auch auf den Einfluss von Schadstoffen zurückgeführt wird. Dazu zählen unter anderem Pestizide, Lösungsmittel wie Trichlorethylen, Schwermetalle sowie polychlorierte Biphenyle (PCB).10 PCBs wurden zum Beispiel bis zu ihrem Verbot im Jahr 1989 (Deutschland) als Weichmacher in Kunststoffen und Lacken eingesetzt.11
1Vgl.: MSD Manual: Tremor. 2024.
2Vgl.: MSD Manual: Kohlenwasserstoffvergiftung. 2022.
3Vgl.: Stadt Köln: Innenraumschadstoffe. 2024.
4Vgl.: Stadt Frankfurt: PAK-Bericht Symptome bei Kindern Teil 2 Bericht. 2024.
5Vgl.: Umweltbundesamt: Lindan (HCH). 2021.
6Vgl.: Stadt Oberhausen: Schimmelpilze in Innenräumen. 2008.
7Vgl.: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Bedeutung von Mykotoxinen im Rahmen der arbeitsplatzbezogenen Gefährdungsbeurteilung. 2007.
8Vgl.: Bayerisches Landesamt für Umwelt: Schimmel: Physikalische Hintergründe. 2016.
9Vgl.: Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen: Wirkungen von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK). 2022.
10Vgl.: Deutsche Apotheker Zeitung: Parkinson durch Umweltschadstoffe. 2023.
11Vgl.: Umweltbundesamt Österreich: Polychlorierte Biphenyle (PCB). 2024.