PFAS im Trinkwasser: Herkunft, Gesundheitsrisiken, PFAS Deutschland Karte, Tipps zur Vermeidung
PFAS (Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen) sind eine Gruppe von Industriechemikalien, die wegen ihrer Beständigkeit auch „Ewigkeitschemikalien“ genannt werden. Von PFAS gehen verschiedenste Gesundheitsrisiken aus. Ein Aufnahmeweg von PFAS ist belastetes Trinkwasser. Was sind PFAS genau und wie gelangen diese in das Trinkwasser? Welche Gesundheitsrisiken gehen von den Chemikalien aus? Wo können Sie die örtliche Trinkwasserbelastung mit PFAS einsehen und wie schützen Sie sich bestmöglich vor den Stoffen? Die Antworten und viele weitere Infos zu PFAS liefert Ihnen unser nachfolgender Ratgeber. (Stand Dezember 2024).
Inhalt
Was sind PFAS genau?
PFAS steht als Abkürzung für Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen, bei denen die Wasserstoffatome der organischen Kohlenstoffketten vollständig (perfluoriert) oder teilweise (polyfluoriert) durch Fluoratome ersetzt wurden. PFAS kommen in der Umwelt nicht natürlich vor. Die Produktion der Chemikalien begann bereits zum Ende der 1940er Jahre. Heute existieren nach Schätzungen mehr als 10.000 verschiedene Einzelverbindungen, die zu den PFAS gerechnet werden.
Zu den häufigsten PFAS-Verbindungen zählen perfluorierte Carbon- und Sulfonsäuren. Die Industriechemikalien werden unter anderem wegen ihrer fett-, wasser- und schmutzabweisenden Eigenschaften auch vielfach in Alltagsprodukten eingesetzt.
Dazu zählen zum Beispiel Kochgeschirr (z. B. Beschichtung von Bratpfannen), Kleidung, Kosmetika und einige Papierprodukte wie Backpapier. Weiterhin gibt es verschiedenste weitere Anwendungsbereiche wie die Oberflächenbehandlung von Kunststoffen und Metallen sowie den Einsatz als Lösch- und Pflanzenschutzmittel. PFAS sind sehr stabil (persistent) und werden in der Umwelt kaum abgebaut.
Die Substanzen können in kurzkettige (weniger als 7 perfluorierte Kohlenstoffatome) und langkettige PFAS eingeteilt werden. Kurzkettige PFAS verteilen sich in Wasser besonders schnell und sind daher für die Trinkwasserbelastung von verstärkter Bedeutung.1
Wie gelangen PFAS in Umwelt und Trinkwasser?
PFAS können über verschiedenste Wege in Umwelt und Trinkwasser gelangen. Dazu zählen unter anderem industrielle Altlasten und Emissionen wie Abgase, die durch Niederschläge in Gewässer, Boden und schließlich ins Grundwasser ausgewaschen werden. Private Haushalte sind aber ebenso bedeutende Quellen von PFAS. So gelangen zum Beispiel PFAS aus Textilien wie Outdoorkleidung mit dem Abwasser über Kläranlagen in Oberflächengewässer. Dadurch kann es besonders zu einer Belastung oberflächennaher Grundwasser- bzw. Trinkwasserleiter kommen. Ausgebrachter Klärschlamm ist eine weitere mögliche PFAS-Quelle. Stark erhöhte lokale Belastungen treten mitunter durch Chemieunfälle oder den Einsatz von Löschmitteln auf.2, 3
PFAS: mögliche Gesundheitsrisiken
PFAS werden von Menschen unter anderem über belastete Lebensmittel aufgenommen. Wird Leitungs- oder Brunnenwasser mit erhöhten PFAS-Werten getrunken, kann auch dies zur Gesamtbelastung des Körpers beitragen. PFAS reichern sich im Blut und Organen wie der Leber an. Selbst nach einem völligen Stopp der Aufnahme verbleiben die Chemikalien sehr lange im Körper. Ungeborene Kinder und Babys können PFAS über die Plazenta bzw. die Muttermilch aufnehmen. Nach einer Risikobewertung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit ist ein „beträchtlicher Teil der europäischen Bevölkerung“ schon über Lebensmittel PFA-Konzentrationen ausgesetzt, welche die wöchentliche tolerierbare Aufnahmedosis übersteigen. Oft wird die Dosis sogar um das 25-fache überschritten. Zu den möglichen bzw. vermuteten Gesundheitsrisiken durch PFAS zählen unter anderem:4, 5
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Erhöhung des Cholesterinspiegels
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Beeinträchtigung des Immunsystems und der Gehirnentwicklung bei Kindern
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Fruchtbarkeitsstörungen
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Fettstoffwechselstörungen
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Erhöhung des Krebsrisikos
Kann man PFAS schmecken oder riechen? Gibt es eine Kennzeichnungspflicht?
PFAS können Sie weder sehen, schmecken oder riechen.6 Für Produkte, die PFAS enthalten, gibt es auch keine Kennzeichnungspflicht. Für „besonders besorgniserregende Stoffe“ bestehen nach der REACH-Verordnung (Europäische Chemikalienverordnung) lediglich Informationspflichten. Eventuell sind Produkte mit hohen PFAS-Gehalten von über 0,1 % bzw. 1 g/kg über die App „Scan4Chem“ des Bundesumweltamtes identifizierbar.7
Welche Grenzwerte gelten für PFAS im Trinkwasser?
In der neuen Fassung der deutschen Trinkwasserverordnung vom 24.06.2023 werden erstmals Grenzwerte für PFAS definiert. Die Einführung erfolgt in zwei Stufen:
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0,1 Mikrogramm pro Liter (µg/L) als Summengrenzwert für eine Gruppe von 20 trinkwasserrelevanten PFAS-Substanzen (PFAS-20, Grenzwert ab 12.01.2026)
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Für vier spezielle Substanzen aus der PFAS-Gruppe (PFHxS, PFOS, PFOA, PFNA) tritt ab 2028 zusätzlich ein Grenzwert von 0,02 µg/L für die Summe aus diesen Verbindungen in Kraft (PFAS-4).
Wann werden PFAS verboten?
Nach einer EU-Verordnung vom 20.09.2024 werden unter anderem ab dem 10.10.2026 PFAS in vielen Alltagsprodukten wie Textilien, Leder, Schuhwaren, Papieren und kosmetischen Mitteln verboten. Schon ab 10.04.2026 tritt ein Verbot für Feuerlöschschäume und Feuerlöschschaumkonzentrate in Kraft (teilweise werden hier Ausnahmen gewährt).9 Weitere Hintergrundinfos zum Verbot von PFAS in der EU erhalten Sie in unserem Artikel „Das PFAS Verbot der EU – Warum das Jahrhundertgift bald verboten wird!“.
Wie stark ist Trinkwasser in Deutschland mit PFAS belastet?
Detaillierte, flächendeckende PFAS-Untersuchungsergebnisse für sämtliche Wasserversorger bzw. Gebiete Deutschlands liegen bislang nicht vor. Dies liegt unter anderem daran, dass eine Untersuchungs- und Berichtspflicht für die Versorger erst ab 2026 verbindlich wird. Mit Stand März 2024 liegt allerdings ein Datensatz von 1.300 Untersuchungsergebnissen aus den Jahren 2015 bis 2024 vor, die zumindest eine grobe Einschätzung der Belastung ermöglichen: 51,5 % der Trinkwasserproben lagen unter der Bestimmungsgrenze, 4,1 % der Proben überschritten den zukünftigen Grenzwert PFAS-20 der Trinkwasserverordnung und bei 6,4 % wäre der Grenzwert PFAS-4 überschritten.10
PFAS Deutschland Karte Trinkwasser
Eine detaillierte deutschlandweite Karte zur Belastung des Trinkwassers bzw. Grundwassers gibt es nach unseren Recherchen bisher nicht. Allerdings konnten NDR, WDR und SZ bei einer gemeinsamen Recherche/Untersuchung mehr als 1.500 mit PFAS verschmutzte Orte in Deutschland identifizieren. In einer interaktivenPFAS Deutschland Karte (unter Zwischenüberschrift „Interaktive Karte“) werden die Ergebnisse aus Boden- und Wasseruntersuchungen farblich aufbereitet nach der Höhe Belastung dargestellt.11
Kann man PFAS aus dem Trinkwasser filtern?
Trinkwasser von PFAS zu reinigen, ist sehr aufwendig und kostenintensiv. So sind gängige Rohwasser-Aufbereitungsverfahren wie Flockung, Ozonung oder Untergrundpassage bei den Ewigkeitschemikalien nicht wirksam. Besonders bei langkettigen PFAS ist eine Aktivkohlefilterung erfolgversprechend. Nanofiltration und Umkehrosmose eignen sich ebenso zur Entfernung von PFAS.10
Wie können Sie sich vor PFAS schützen – Checkliste
Ein vollständiger Schutz vor PFAS ist aufgrund der weiten Verbreitung der Chemikalien kaum möglich. Die folgenden Hinweise und Tipps können allerdings helfen, die eigene Belastung zu reduzieren:12, 13, 14, 15
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✅Teilweise sind Produkte mit Hinweisen wie „PFAS-frei“, „PFC-frei“ oder „fluorcarbonfrei“ gekennzeichnet.
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✅Backpapier und Antihaft-Beschichtungen von Pfannen können PFAS enthalten. Ob beim Einsatz der Produkte im empfohlenen Temperaturbereich allerdings relevante Mengen von PFAS in Lebensmittel übergehen, ist jedoch umstritten. Wenn Sie ganz sicher gehen wollen, meiden Sie entsprechende Produkte.
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✅Einwegverpackungen für Lebensmittel aus Papier, Pappe und Zuckerrohr enthalten teilweise aufgrund gewünschter fett- und wasserabweisender Eigenschaften PFAS. Mehrwegverpackungen bzw. Mehrweggeschirr sind hier oft die besseren Alternativen.
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✅PFAS kommen oft in Pestiziden zum Einsatz. Bio-Lebensmittel sind daher meistens weniger belastet.
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✅Einige Imprägniermittel und Imprägniersprays enthalten PFAS und sollten daher nicht verwendet werden.
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✅PFAS kommen häufig in Outdoorkleidung vor. Umweltsiegel wie „GOTS“ oder „bluesign“ weisen auf Kleidung mit keiner oder geringerer Schadstoffbelastung hin.
Schon gewusst?
Neben Leitungswasser können PFAS auch in Mineralwasser enthalten sein. Dies zeigt eine Untersuchung des BUND aus dem Jahr 2024. Konkret wurden in drei von fünf Mineralwasserproben PFAS wie Trifluoressigsäure gefunden. Die PFAS-Konzentrationen lagen jedoch unterhalb der Grenzwerte.12
Ihr Trinkwasser auf PFAS testen
Unser umfangreiches Angebot an Trinkwassertests enthält unter anderem auch zwei Tests auf PFAS. Der Wassertest PFAS Basis deckt 20 PFAS bei einer Bestimmungsgrenze von 10 ng/l ab. Bei dem PFAS Test Sensitiv liegt die Bestimmungsgrenze bei nur 0,1 ng/l.
Die Probenahme für die Tests können Sie mit der in den Testkits enthaltenen Anleitung einfach selbst vornehmen. Nach Einsendung per Post erfolgt die Testanalyse in unserem spezialisierten Partnerlabor.
✔️ PFAS
✔️ Summenwert
✔️ PFOA, PFNA, PFOS, PFHxS
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1Vgl.: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV): Per- und polyfluorierte Chemikalien (PFAS). 2024.
2Vgl.: Umweltbundesamt: PFAS, gekommen um zu bleiben. 2020.
3Vgl.: BUND: PFAS: Ewigkeits-Chemikalien in Kinder-Outdoor-Kleidung. 2024.
4Vgl.: Umweltbundesamt Österreich: Fragen und Antworten zu PFAS. 2024.
5Vgl.: AOK: Wie schädlich sind die Industriechemikalien PFAS? 2023.
6Vgl.: Bergische Universität Wuppertal: PFAS – verkannt, verschwiegen und hochgiftig. 2023.
7Vgl.: Umweltbundesamt: PF-Was? Begriffserklärung. 2023.
8Vgl.: Umweltbundesamt: Neue Trinkwasserverordnung sichert hohe Qualität unseres Trinkwassers. 2023.
9Vgl.: IHK Ulm: Verbot bestimmter PFAS ab April bzw. Oktober 2026. 2024.
10Vgl.: Umweltbundesamt: PFAS im Trinkwasser – Sachstand und Aspekte zur Bewertung. 2024.
11Vgl.: Tagesschau.de: Wo PFAS überall Deutschland verschmutzen. 2023.
12Vgl.: BUND: PFAS im Trinkwasser: BUND entdeckt Ewigkeits-Chemikalien in Leitungs- und Mineralwasser. 2024.
13Vgl.: BUND: So vermeiden Sie PFAS in der Küche. 2024.
14Vgl.: Stiftung Warentest: Imprägniermittel im Test. Regen – na und? 2023.
15Vgl.: BUND: Outdoorkleidung ohne Schadstoffe. 2024.