
Warmes Wasser trinken? Gesundheitsrisiken durch Keime & Schadstoffe, Temperaturvorschriften
Warmes Wasser für die schnelle Zubereitung von Babynahrung verwenden oder dem Wasserkocher durch Einfüllen von heißem Leitungswasser auf die Sprünge helfen – mitunter scheint es gleich mehrere Gründe zu geben, warmes Wasser auch als Trinkwasser oder für die Zubereitung von Speisen zu verwenden. Warum können daraus jedoch Gesundheitsrisiken resultieren? Welche Keime und Schadstoffe zählen zu den „Risikofaktoren“? Welche Temperaturvorschriften gelten für kaltes und warmes Leitungswasser? Die Antworten und viele weitere Infos zum Themenbereich „warmes Wasser trinken“ finden Sie in unserem Praxis-Ratgeber. (Stand Februar 2025).
Inhalt

Einhaltung der Trinkwasserverordnung wird nur bis Hausanschluss garantiert
Leitungswasser bzw. Trinkwasser muss in Deutschland die strengen Vorschriften der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) erfüllen. Deshalb ist vor allem kühles, frisches Leitungswasser in der Regel sehr gut als Trinkwasser geeignet. Allerdings garantieren die Wasserversorger die Einhaltung der Trinkwasserverordnung nur bis zum Übergabepunkt an Ihrem Hausanschluss. Danach fließt das Wasser bis zur Entnahme noch durch die Hausinstallation. Diese enthält auch Komponenten zur Warmwasserbereitung, welche mitunter zu einem Gesundheitsrisiko werden können. Für den ordnungsgemäßen Zustand der Hausinstallation sind Haus- und Wohnungsbesitzer bzw. Vermieter selbst verantwortlich.

Ist Leitungswasser steril?
Leitungswasser ist selbst nach der Wasseraufbereitung durch die Wasserversorger in der Regel nicht vollkommen steril. So kann das Wasser unter anderem verschiedenste Mikroorganismen wie Bakterien in niedrigen Konzentrationen enthalten. Dies resultiert auch aus der Tatsache, dass die allermeisten Wasserversorger in Deutschland inzwischen auf eine standardmäßige Chlorung des Leitungswassers zur Desinfektion verzichten.1 Die Grenzwerte der Trinkwasserverordnung für relevante Keime garantieren jedoch eine gesundheitliche Unbedenklichkeit des ausgelieferten Wassers. Dies gilt allerdings, wie bereits erwähnt, nur bis zum Hausanschluss.

Warum auch „kaltes Wasser“ zu einem Gesundheitsrisiko werden kann
Im öffentlichen Versorgungsnetz der Wasserversorger liegt die Wassertemperatur für Kaltwasser in der Regel „deutlich unter 20 °C“.2 Im Kaltwassernetz der Hausinstallation kann es allerdings zu einer ungewollten Erwärmung des Wassers mit negativen Folgen kommen. Verursacht wird eine solche Erwärmung mitunter zum Beispiel durch mangelhaft isolierte Rohrleitungen und/oder einen zu geringen bzw. langsamen Wasserfluss in den Leitungen (Stagnationswasser). In der Regel wird die Vermehrung vieler Mikroorganismen durch ansteigende Wassertemperaturen gefördert.1 Ab einer individuell oft verschiedenen Wassertemperatur sterben viele Keime im Wasser dann allerdings ab. Weiterhin kann die Löslichkeit von in Wasser-Installationskomponenten enthaltenen Schadstoffen durch erhöhte Wassertemperaturen zunehmen.3

Warmes Leitungswasser trinken? Risiken durch Keime
Erhöhte Werte von Keimen wie Coli-Bakterien oder Pseudonomaden im Trinkwasser können zu einem Gesundheitsrisiko werden. Die Vermehrungsgeschwindigkeit und somit das Risikopotenzial der folgenden Keime hängt unter anderem von der Wassertemperatur ab:
-
coliforme Bakterien: Zu den „temperatursensitiven“ manchmal im Wasser auftretenden Keimen zählen coliforme Bakterien wie E. coli (Escherichia coli). Diese können sich bei den normalerweise im Kaltwasser-Verteilungssystem herrschenden Temperaturen von unter 20 °C kaum vermehren.8 Das Temperaturoptimum für die Vermehrung von E. coli liegt bei 37 °C.9 E. coli ist natürlicher Bestandteil der menschlichen und tierischen Darmflora und kann beispielsweise durch Fäkalien (Rohrbrüche, Überschwemmungen) in das Trinkwasser gelangen. Das Bakterium löst mitunter unter anderem schwere Durchfallerkrankungen und Infektionen aus.10 Unser Ratgeber „Coliforme Keime im Trinkwasser“ liefert viele weitere Informationen zu den Bakterien.
-
Pseudomonaden: Weitere potenzielle „Warmwasserkeime“ sind Pseudomonaden. Die weit verbreiteten stäbchenförmigen Bakterien kommen zum Beispiel in Gewässern vor. Einer der häufigsten Pseudomonaden-Vertreter ist Pseudomonas aeruginosa. Das Bakterium gelangt mitunter durch Baumaßnahmen, Schäden am Trinkwassernetz oder sonstige Schmutzeinträge in das Leitungswasser. Innerhalb der Hausinstallation können unter anderem Wasserhähne, Duschköpfe, Wasserauslässe, Wasserstrahlregler oder Dichtungen Keimquellen sein. Begünstigt wird die Verbreitung von Pseudomonas aeruginosa unter anderem durch Stagnationswasser und erhöhte Temperaturen im Kaltwasserbereich.11, 12 So zeigte das Bakterium in Versuchen bei 10 und 15 °C Wassertemperatur sein Wachstumsmaximum erst nach 10 bis 14 Tagen. Bei 20 °C wurde dieses Maximum jedoch schon nach 2 bis 3 Tagen erreicht.13
-
Vor allem bei einem geschwächten Immunsystem können Pseudomonaden unter anderem Infektionen von Lunge, Augen, Haut (Wundinfektionen) und Harnwegen hervorrufen. Manchmal kommt es als Infektionsfolge zu einer Blutvergiftung (Sepsis).11 Unser Ratgeber „Pseudomonas Aeruginosa im Trinkwasser“ hält für Sie viele weitere Informationen zu dem Bakterium bereit.
Wichtig zu wissen: Viele Bakterien wie Pseudomonas aeruginosa sowie andere Mikroorganismen schaffen sich durch Biofilme in zum Beispiel Wasserrohren einen gegen viele physikalische und chemische Einflüsse geschützten Rückzugsraum. Aus diesem können dann unter anderem Keime beständig in das Trinkwasser gelangen.12 Weitere Informationen zu Biofilmen in Trinkwasserinstallationen und deren Bekämpfung erhalten Sie in unserem Ratgeber „Biofilm in der Wasserleitung? – So entfernen Sie ihn!“

Legionellen im Leitungswasser – besteht ein Risiko beim Trinken?
Legionellen sind stäbchenförmige Bakterien, die in geringen Konzentrationen oft natürlich im Leitungswasser vorkommen. Unter für die Keime optimalen Bedingungen (Stagnationwasser mit Temperaturen zwischen 25 und 55 °C) können sich diese jedoch stark vermehren und zu einem ernsthaften Gesundheitsrisiko werden. So lösen Legionellen mitunter schwere und teilweise sogar tödliche Lungenentzündungen (Legionärskrankheit, Legionellose) aus. Die mit Abstand häufigste Infektionsursache ist hier das Einatmen feinster, mit Legionellen kontaminierter Wassertropfen (Aerosole). Diese entstehen zum Beispiel beim Duschen, in einigen Luftbefeuchtern und Klimaanlagen, sowie beim Saunieren (z. B. Aufgüsse) und in Whirlpools (Sprudeldüsen). Beim Trinken von mit Legionellen belastetem Wasser ist das Infektionsrisiko dagegen sehr gering. Dieses besteht hier in der Regel nur, wenn kontaminiertes Wasser durch Verschlucken in die Luftröhre gelangt.1, 5, 6, 7 Weitere Informationen und konkrete Handlungsempfehlungen zu Legionellen in der Wasser-Hausinstallation finden Sie in unserem Artikel „Legionellen abtöten und vermeiden – Der ultimative Ratgeber“.

Warmes Wasser & Stagnationswasser fördern Löslichkeit & Übergang von Schadstoffen
Warmes Wasser kann zu einem verstärkten Übergang von Schadstoffen in das Trinkwasser führen. Dies gilt besonders in Kombination mit Stagnationswasser:
Bisphenol A (BPA): Die Chemikalie Bisphenol A (BPA) kann aus mit Epoxidharz beschichteten Rohrleitungen in das Trinkwasser übergehen. Löslichkeit bzw. Übergang erhöhen sich bei ansteigenden Wassertemperaturen. Zu besonders hohen BPA-Konzentrationen kommt es mitunter in Stagnationswasser. Epoxidharz wurde vermehrt in den Jahren 2000 bis 2015 verwendet, um korrodierte Leitungen zu sanieren. BPA kann sich negativ auf den Hormonhaushalt und die Fruchtbarkeit auswirken. Schäden an Nieren und Leber sind durch die Chemikalie ebenfalls möglich.3 Weitere Informationen zu BPA erhalten Sie in unserem Ratgeber „Bisphenol A im Trinkwasser – So vermeiden Sie das Hormongift“.
Schwermetalle: Im Warmwasserkreislauf der Hausinstallation herrscht oft ein geringerer Durchfluss als im Kaltwasserkreislauf. Deshalb kann es in stagnierendem Warmwasser zu erhöhten Konzentrationen von Schwermetallen wie Blei, Kupfer oder Nickel kommen. Während Bleibelastungen von Trinkwasser eigentlich nur in Altbauten ohne sanierte Trinkwasserinstallation (Austausch bzw. Stilllegung von Bleirohren) auftreten können, sind Kupferbelastungen insbesondere durch neu installierte Kupferrohre möglich. Nickel wird mitunter in relevanten Mengen aus Installationskomponenten wie Armaturen an das Wasser abgegeben.
Blei stellt vor allem für ungeborene Kinder, Kleinkinder und Kinder ein hohes Gesundheitsrisiko dar. So kann das Schwermetall hier unter anderem besonders schnell zu Nervenschäden (z. B. verminderte Intelligenz) führen.14 Eine erhöhte Kupferaufnahme ist ein möglicher Auslöser von zum Beispiel Magen-Darm-Beschwerden und Leberschäden. Besonders gefährdet durch eine erhöhte Kupferaufnahme sind Säuglinge und Kleinkinder.15, 16 Nickel ist ein bekanntes Allergen.17 Unser Ratgeber „Eine unsichtbare Gefahr: Schwermetalle im Trinkwasser“ liefert zu dieser Thematik viele weitere Informationen.
Tipp: Wasser, das länger als 4 Stunden in den Leitungen gestanden hat, sollten Sie vor dem Trinken oder der Verwendung zur Speisezubereitung kurz ablaufen lassen. Frisches Wasser fließt in der Regel deutlich kühler aus dem Wasserhahn als Stagnationswasser.

Kaltwasser & Warmwasser: Vorschriften und Empfehlungen zu Temperaturen
Für die Temperaturen von Kalt- und Warmwasser in der Hausinstallation existieren verschiedene Vorschriften bzw. Empfehlungen. Diese dienen auch zur Abwendung von Gesundheitsrisiken:
-
Kaltwasser: Kaltwasser sollte möglichst mit einer Temperatur von unter 20 °C aus dem Hahn strömen. Die maximal erlaubte Höchsttemperatur liegt jedoch bei 25 °C. Diese muss schon 30 Sekunden nach Öffnen der Entnahmestelle erreicht sein.4
-
Warmwasser: Aus hygienischen Gründen (u. a. Schutz vor Legionellen) muss eine Warmwassertemperatur von mindestens 55 °C innerhalb des gesamten Warmwasser-Leitungssystems eingehalten werden. Da sich das Wasser während des Transports durch die Leitungen etwas abkühlt, muss am Trinkwassererwärmer eine Mindesttemperatur für Warmwasser von 60 °C eingestellt werden.18 Die genannten Vorschriften gelten jedoch streng genommen nur für öffentliche Gebäude wie Hotels, Krankenhäuser und Schulen. Für private Wohngebäude gibt es nach einer Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages aus dem Jahr 2023 allerdings keine derartigen Vorschriften. Es wird jedoch empfohlen, die genannten Warmwasser-Solltemperaturen auch dort einzuhalten.19

Schon gewusst?
Untersuchungen zeigen, dass es in den Netzen der Wasserversorger mitunter zu Temperaturen von über 25 °C kommen kann. Dies gilt besonders für die Sommermonate. In Stichleitungen und stagnierenden Netzbereichen lag das gemessene Temperaturmaximum sogar bei 30 °C.4

Warmes Wasser aus der Leitung trinken? Wassertests geben Auskunft über Keime und Schadstoffe
Über unsere Webseite können Sie verschiedenste Trinkwassertests ordern. Diese decken auch einige der in diesem Artikel genannten „temperatursensitiven Risikofaktoren“ für Leitungswasser ab. So checken Sie mit dem Legionellen Test für Leitungswasser, ob in Ihrem Trinkwasser erhöhte Konzentrationen des Keims vorliegen. Der Wassertest Bakterien deckt unter anderem coliforme Keime inklusive E. coli ab und mit dem Wassertest Pseudomonas aeruginosa kann gezielt nach dem „Wasserkeim“ gesucht werden. Die Prüfung des Trinkwassers mit dem Wassertest Bisphenol A (BPA) ist zum Beispiel sinnvoll, wenn Ihre Leitungen mit Epoxidharz beschichtet sind oder Sie den Verdacht haben, dass eine solche Beschichtung vorliegen könnte. Die Konzentration an möglicherweise aus der Hausinstallation freigesetzten Schwermetallen wie Blei, Kupfer und Nickel kann mit dem Wassertest Rohrleitung ermittelt werden.
Die Probenahmen für unsere Wassertests können Sie übrigens einfach selbst vornehmen. Nach Einsendung per Post erfolgt die Analyse in unserem spezialisierten Partnerlabor.

✔️ Toxische Schwermetalle
✔️ inkl. Blei und Nickel

Haftungsausschluss
Alle medizinischen Informationen in diesem Artikel wurden sorgfältig von uns aus den genannten Quellen zusammengetragen. Für die Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit der Informationen können wir nicht garantieren. Wenden Sie sich bei Beschwerden stets an einen Facharzt.
Das könnte Sie ebenfalls interessieren:
1Vgl.: Umweltbundesamt: Trinkwasser aus dem Hahn. 2020.
2Vgl.: Umweltbundesamt: Energiesparen bei der Warmwasserbereitung – Vereinbarkeit von Energieeinsparung und Hygieneanforderungen an Trinkwasser. 2011.
3Vgl.: Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt: Gefährliches warmes Leitungswasser. 2024.
4Vgl.: DVGW: Erhöhte Wassertemperaturen. 2023.
5Vgl.: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Legionellen. 2024.
6Vgl.: Kinder- & Jugendärzte im Netz: Legionellen – Gefahr aus der Dusche? 2004.
7Vgl.: AOK: Beim Energiesparen die Legionärskrankheit im Blick behalten. 2023.
8Vgl.: Umweltbundesamt: Coliforme Bakterien im Trinkwasser. 2009.
9Vgl.: National Library of Medicine (PubMed): Wachstum und Erhaltung vonEscherichia coli-Laborstämmen. 2021.
10Vgl.: MSD Manual: Escherichia-coli-Infektionen. 2024.
11Vgl.: Steiermärkische Krankenanstalten, Institut für Krankenhaushygiene und Mikrobiologie: Wasserhygiene- Legionellen und Pseudomonas aeruginosa in wasserführenden Systemen. 2023.
12Vgl.: Umweltbundesamt: Empfehlung des Umweltbundesamtes: Empfehlung zu erforderlichen Untersuchungen auf Pseudomonas aeruginosa, zur Risikoeinschätzung und zu Maßnahmen beim Nachweis im Trinkwasser. 2017.
13Vgl.: DVGW: Abschlussbericht: Pseudomonas aeruginosa inPseudomonas aeruginosa in Trinkwassersystemen – Wachstumsansprüche und nachhaltige Gegenmaßnahmen. 2014.
14Vgl.: Umweltbundesamt: Bleirohre: Blei im Trinkwasser ist gesundheitsgefährdend. 2024.
15Vgl.: Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit: Kupfer. 2023.
16Vgl.: Bundesinstitut für Risikobewertung: Aufnahme von Kupfer: In Spuren lebensnotwendig, in größeren Mengen riskant, Abschnitt: „Was sind die Folgen einer zu hohen Aufnahme an Kupfer?“. 2023.
17Vgl.: Stadt Münster, Gesundheits- und Veterinäramt: Gesundes Trinkwasser. 2024.
18Vgl.: DVGW: Heizungsraum, Abschnitt: Trinkwassererwärmer. 2025.
19Vgl.: Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste: Kurzinformation Warmwassertemperatur zur Vermeidung von Legionellenwachstum in Wohngebäuden. 2023.